Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung nach § 199 Abs. 2 SGG. Kostenentscheidung. Prozesskostenhilfe. Aussetzung der Vollstreckung. Ermessen. Folgenabwägung. Kosten der Unterkunft
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Beschluss über die Aussetzung der Vollstreckung gem. § 199 Abs. 2 SGG bedarf keiner Kostenentscheidung.
2. Für dieses Verfahren kann keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden.
Normenkette
SGG §§ 86b, 193 Abs. 1, § 199 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1; ZPO § 570 Abs. 3; SGB II § 22 Abs. 1 Sätze 1, 3
Tenor
Auf Antrag des Antragstellers wird die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2009 - Az.: S 175 AS 12655/09 ER - bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Beschwerdeinstanz ausgesetzt (§ 199 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Der Antrag der Antragsgegner auf Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren gemäß § 199 Abs. 2 SGG wird abgelehnt.
Der Antrag der Antragsgegner auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren gemäß § 199 Abs. 2 SGG wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2009 ist zulässig und begründet.
Soweit die Beschwerde des Antragstellers - wie hier - keine aufschiebende Wirkung hat, kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Anordnung der Vollstreckungsaussetzung ist eine Ermessensentscheidung (Ruppelt in Hennig, SGG, § 199 Rn. 20; a.A. BSG SozR 3-1500 § 199 Nr. 1). Bei der Entscheidung sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen und die Belange des durch die Entscheidung Begünstigten gegen das öffentliche Interesse, eine offensichtliche Fehlentscheidung nicht zu vollstrecken, gegeneinander abzuwägen (Ruppelt a.a.O. m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels - hier der Beschwerde - nicht überschaubar, kommt es auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung des Ausspruchs an. Dazu gehört auch die Aussicht des Leistungsträgers, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die inzwischen gewährten Leistungen zurückzuerhalten.
Vorliegend ist zunächst festzustellen, dass der tatsächlich von den Antragsgegnern zu entrichtende monatliche Mietzins für die von ihnen bewohnte Wohnung in Höhe von zurzeit 470,37 € nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist.
Eine Fortzahlung nicht angemessener Kosten der Unterkunft bzw. Heizung kommt aber - unabhängig von den vom Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss als seines Erachtens angemessen zugebilligten Betrag - grundsätzlich nicht in Betracht. Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind zwar, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, dies in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dem aber war der Antragsteller bei einem Mietbeginn 1. Oktober 2008 bereits nachgekommen. Wenn das Sozialgericht den Antragsgegnern vorliegend einen Betrag in Höhe von vorläufig 415,87 € monatlich zuerkennt, bleibt angesichts der tatsächlichen Miete in Höhe von 470,37 € monatlich ein ungedeckter Betrag in Höhe von 54,50 € monatlich, sodass selbst bei Zubilligung eines monatlichen Betrages von 415,87 € zu erwarten ist, dass mit jedem weiteren Monat Mietschulden entstehen und anwachsen. Hier ist darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 1 SGB II teilweise ins Leere laufen würden, wenn zwar einerseits nur die angemessenen Kosten der Unterkunft zu leisten sind, andererseits jedoch Mietschulden entstehen, die daraus resultieren, dass der über den angemessenen Betrag hinausgehende tatsächliche Mietzins nicht als Leistung erbracht wurde. Letztlich würden dem Antragsteller doch sämtliche Kosten der Unterkunft aufgebürdet, auch wenn sie unangemessen hoch sind. Dies gilt gleichermaßen bei einer Übernahme der Kosten als Darlehen.
Der Antrag der Antragsgegner auf Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren gemäß § 199 Abs. 2 SGG ist nicht begründet. Eine Kostenentscheidung bezüglich des Verfahrens über den Antrag des Antragstellers, die Vollstreckung aus dem sozialgerichtlichen Beschluss durch einstweilige Anordnung auszusetzen, findet nicht statt. Der Senat gibt seine entgegenstehende Rechtsprechung auf und schließt sich insoweit nach eigener Prüfung als zutreffend und überzeugend der Rechtsprechung des 20. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 18. Mai 2009 - L 20 AS 1664/08 ER - soweit ersicht...