Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung nach § 199 Abs. 2 SGG. Kostenentscheidung. Prozesskostenhilfe. Aussetzung der Vollstreckung. Ermessen. Folgenabwägung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Beschluss über die Aussetzung der Vollstreckung gem. § 199 Abs. 2 SGG bedarf keiner Kostenentscheidung.

2. Für dieses Verfahren kann keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

 

Normenkette

SGG §§ 86b, 193 Abs. 1, § 199 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1; ZPO § 570 Abs. 3

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2009 - Az.: S 142 AS 2148/09 ER - wird abgelehnt.

Der Antrag des Antragsgegners auf Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren gemäß § 199 Abs. 2 SGG wird abgelehnt.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren gemäß § 199 Abs. 2 SGG wird abgelehnt.

 

Gründe

Der Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juni 2009 ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Soweit die Beschwerde des Antragstellers - wie hier - keine aufschiebende Wirkung hat, kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Anordnung der Vollstreckungsaussetzung ist eine Ermessensentscheidung (Ruppelt in Hennig, SGG, § 199 Rn. 20; a.A. BSG SozR 3-1500 § 199 Nr. 1). Bei der Entscheidung sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen und die Belange des durch die Entscheidung Begünstigten gegen das öffentliche Interesse, eine offensichtliche Fehlentscheidung nicht zu vollstrecken, gegeneinander abzuwägen (Ruppelt a.a.O. m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels - hier der Beschwerde - nicht überschaubar, kommt es auf die Abwägung der betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung des Ausspruchs an. Dazu gehört auch die Aussicht des Leistungsträgers, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die inzwischen gewährten Leistungen zurückzuerhalten.

Bei der hiernach vorzunehmenden Abwägung ist zu berücksichtigen, dass - wie das Sozialgericht zutreffend ausführt - es im Hinblick auf das materielle Recht der §§ 7 ff des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), hier insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung der - dem Antragsgegner nach dem Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Mai 2009 tatsächlich nicht zur Verfügung stehenden - Pachtzahlungen für das Grundstück “Grüne Aue„, offen ist, ob die Beschwerde des Antragstellers Hinblick auf die Regelung des § 57 des Dritten Buchers Sozialgesetzbuch (SGB III Erfolg hat. Insoweit ist aber jedenfalls bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens auf die Ausführungen des Sozialgerichts zur Folgenabwägung zu verweisen.

Der Antrag der Antragsgegner auf Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Verfahren gemäß § 199 Abs. 2 SGG ist nicht begründet. Eine Kostenentscheidung bezüglich des Verfahrens über den Antrag des Antragstellers, die Vollstreckung aus dem sozialgerichtlichen Beschluss durch einstweilige Anordnung auszusetzen, findet nicht statt. Der Senat gibt seine entgegenstehende Rechtsprechung auf und schließt sich insoweit nach eigener Prüfung als zutreffend und überzeugend der Rechtsprechung des 20. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 18. Mai 2009 - L 20 AS 1664/08 ER - soweit ersichtlich nicht veröffentlicht) an. Dort wird zutreffend und überzeugend ausgeführt:

“…Die Voraussetzungen einer isolierten Kostenentscheidung sind nicht erfüllt (a.A. Bayerisches LSG, Beschluss vom 16. Juli 1996 - L 1 An 90/95, NZS 1996, 592). Das Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG stellt ein unselbständiges Zwischen- oder Nebenverfahren im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens bzw. einer “Streitsache„ dar, mit der Folge, dass es einer gesonderten Kostenentscheidung nicht zugänglich ist (ebenso: Rohwer-Kahlmann, SGG, § 199 Rz. 19; Zeihe, SGG, § 199 Rz. 11c).

Soweit ersichtlich hat sich einzig das Bayerische LSG in dem o.g. Beschluss aus dem Jahre 1996 in der Sache umfassend mit der Frage beschäftigt, ob das Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG einer isolierten Kostenentscheidung zugänglich ist. Die Rechtsprechung - auch die des 20. Senats - ist dem in der Regel gefolgt (so auch das BSG in SozR 3-1500 § 199 Nr 1).

Die Entscheidung des BayLSG knüpfte wiederum an die Rspr. des BSG zu den Grundsätzen einer Kostentscheidung im Rahmen des durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 (BGBl. I 2144) aufgehobenen § 97 Abs. 3 SGG an. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 6. September 1993 (NZS 1994, 142ff.) für eine isolierte Kostenentscheidung gefordert, dass der jeweilige Antrag zu einem Verfahren geführt hat, das unabhängig vom Verfahren der Hauptsache eigenständig einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Beteiligten gegeneinander auszulösen verm...

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