Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung der Höhe des Individualbudgets nach Auflösung einer Gemeinschaftspraxis
Orientierungssatz
1. Die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Kürzung des Individualbudgets durch die Kassenärztliche Vereinigung ist anzuordnen, wenn erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen.
2. Der aus einer Gemeinschaftspraxis Ausscheidende erhält bei Fortführung der ärztlichen Tätigkeit dasjenige Individualbudget, welches er in die Gemeinschaftspraxis eingebracht bzw. während der Zusammensetzung realisiert hat.
3. Lässt sich ein maximal abrechenbares Punktzahlvolumen nicht einem Teilnehmer konkret zuordnen, so erhält er den nach Köpfen bemessenen arithmetischen Durchschnittswert.
4. Eine hiervon abweichende Festsetzung ist nur dann zulässig, wenn der Betreffende darlegt, dass ihm ein höherer Anteil zusteht. Hierzu ist die Gewinnverteilung bzw. die Teilungserklärung geeignet.
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 4. September 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 30.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Festsetzung der Höhe der Individualbudgets nach Auflösung einer Gemeinschaftspraxis ab dem I. Quartal 2006 streitig.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 2. Februar 2007 ist über das Vermögen des früheren Beigeladenen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zur Insolvenzverwalterin ist Frau Rechtsanwältin V M bestellt worden.
Die Antragsteller führten mit dem früheren Beigeladenen vom 1. Juli 1999 bis 31. Dezember 2002 eine Gemeinschaftspraxis. Nach Auflösung der Gemeinschaftspraxis setzte die Antragsgegnerin für den früheren Beigeladenen und die Antragsteller nach ihrem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) Individualbudgets fest, deren Höhe sie aus dem Punktzahlvolumen im maßgeblichen Bemessungszeitraum dividiert durch die Zahl der Mitglieder der Gemeinschaftspraxis ermittelte. Der frühere Beigeladene, der ab dem 1. Januar 2003 eine Einzelpraxis führte, beantragte am 12. Juni 2003 die Neufestsetzung seines Individualbudgets. Das von der Antragsgegnerin nach Auflösung der Gemeinschaftspraxis festgestellte arithmetische Drittel als Individualbudget sei im Verhältnis zu seiner im Jahr 2002 in die Gemeinschaftspraxis eingebrachten Arbeitsleistung unangemessen. Er habe in der Gemeinschaftspraxis den weitaus größten Teil der Leistungen erbracht, dessen Umfang er mit etwa 45,5 % aller abgerechneten Leistungen bezifferte. Schon vor Eintritt in die Gemeinschaftspraxis habe er ca. 2000 Fälle abgerechnet, so dass bereits daraus sein Anteil an der Gemeinschaftspraxis erkennbar werde.
Mit Bescheid vom 13. November 2003 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag ab. Eine Erhöhung des Individualbudgets bei Praxen, die bereits über dem Fachgruppendurchschnitt lägen, sei wegen der begrenzten Gesamtvergütung nicht möglich.
Dem dagegen vom früheren Beigeladenen eingelegten Widerspruch half die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2005 (Ausfertigung vom 25. Januar 2006) insoweit ab, als dem früheren Beigeladenen ab dem III. Quartal/2003 ein Individualbudget von 49,9 % zugestanden und das Individualbudget der Antragsteller ab dem I. Quartal/2006 auf jeweils 25,05 % gekürzt wurde. Nach dem im Widerspruchsverfahren vorgelegten Partnergesellschaftsvertrag der Gemeinschaftspraxis und dem Vergleich der Behandlungszahlen der Antragsteller und des früheren Beigeladenen vor und nach der Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis sei die arithmetische Drittelung nicht gerechtfertigt, so dass dem Widerspruch teilweise stattzugeben sei.
Die Antragsteller haben hinsichtlich der Kürzung des Individualbudgets ab dem I. Quartal 2006 jeweils Klage erhoben (S 79 KA 48/06 und S 83 KA 64/06, verbunden zum Aktenzeichen S 79 KA 48/06), über die noch nicht entschieden ist. Mit ihren am 7. Februar 2006 (Az.: S 79 KA 48/06 ER) und am 9. März 2006 (Az.: S 83 KA 64/06 ER) - verbunden zum Aktenzeichen S 79 KA 48/06 ER - vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Anträgen haben die Antragsteller die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage(n) gegen den Widerspruchsbescheid begehrt.
Mit Beschluss vom 4. September 2006 hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Widerspruchsbescheid vom 1. September 2005 angeordnet. Die Vollziehung des Bescheides stelle für die Antragsteller eine unbillige, nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gebotene Härte dar. Fehlerhaft habe die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung die Behandlungsfallzahlen und Punktzahlanforderungen des I. Quartals/2003 zugrunde gelegt, da nach den Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) als Bemessungszeitraum für die Festsetzung des Individualbudgets für alle Fachgruppen die Quartale I/2002 bis IV/2002 heranzuziehen seien. Die im HVM abschließend aufgezählten Tatbestände für eine von der arithmetischen Teilung a...