Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdeverfahren. Zurückverweisung an das Sozialgericht. wesentlicher Verfahrensmangel. Sachaufklärungspflicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren

 

Orientierungssatz

1. Nach Aufhebung und Zurückverweisung an das Sozialgericht durch das Landessozialgericht ist das SG an die rechtliche Beurteilung des LSG gebunden. Diese umfasst alle Gesichtspunkte, die für die Aufhebung der SG-Entscheidung maßgebend waren.

2. Auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren besteht die Sachaufklärungspflicht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts vom 15. Februar 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Berlin zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist im Sinne der (erneuten) Aufhebung und Zurückverweisung an das Sozialgericht (SG) zur erneuten Entscheidung begründet (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Das erstinstanzliche Verfahren leidet auch nach einer ersten Zurückverweisung und der erneuten Entscheidung des SG an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Denn das SG hat unter Verletzung von § 159 Abs. 2 SGG seiner erneuten Entscheidung nicht die rechtliche Beurteilung des Landessozialgerichts (LSG) zu Grunde gelegt, an die es gebunden ist. Der Antragsteller hat in seinem Schreiben vom 10. Februar 2006 unmissverständlich vorgetragen, dass sein Antrag vom 11. September 2005 als Klageerhebung anzusehen sei. Dem SG war unter Berücksichtigung der Ausführungen des LSG in dem Beschluss vom 27. Januar 2006 eine eigene Beurteilung, ob bei Würdigung dieses Vorbringens von einer Klageerhebung als Voraussetzung für eine Sachentscheidung im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes auszugehen sei, versagt, und zwar selbst dann, wenn es die Rechtsauffassung des LSG für falsch hielte. Denn die rechtliche Beurteilung des Beschwerdegerichts, an die das SG gebunden ist, umfasst alle Gesichtspunkte, die für die Aufhebung der SG-Entscheidung maßgebend waren. Das SG hätte mithin von einer Sachentscheidung im Eilverfahren nicht erneut unter Hinweis auf eine fehlende Klageerhebung absehen dürfen. Ob eine derartige Klageerhebung gegebenenfalls im Hinblick auf das seinerzeit noch nicht abgeschlossene Widerspruchsverfahren “verfrüht„ gewesen wäre, ändert nichts an einem Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer Eilentscheidung. Der Hinweis des SG in dem zweitletzten Absatz seines Beschlusses, auch in der Sache sei die Kürzungsentscheidung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden, verkennt die Sachaufklärungspflicht, die auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren besteht, und stellt überdies einen weiteren Verfahrensmangel dar; denn das SG hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen, ohne mit entsprechender Begründung in der Sache zu entscheiden (vgl. § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung vorbehalten.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1777865

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