Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Löschung der Rentenversicherungsdaten. Berechtigung zur Datenspeicherung. Sozialleistungsverzicht. Rechtskraft. Gerichtlicher Vergleich

 

Orientierungssatz

Ein von einem Versicherten und seiner Ehefrau gegenüber dem Rentenversicherungsträger erklärter wechselseitiger Verzicht auf sämtliche, möglicherweise in den Versicherungskonten vorhandenen, werthaltig werden könnenden Tatsacheneintragungen führt nicht zu einem Wegfall der Berechtigung zur Datenspeicherung. Solche Erklärungen stellen keinen Verzicht auf Sozialleistungen iSd § 46 SGB 1 dar.

 

Normenkette

SGB X § 67c Abs. 1, § 84 Abs. 2; SGB VI § 148 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nrn. 1, 6; SGB I § 46; SGG § 101

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. September 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur Löschung von Sozialversicherungsdaten.

Der Kläger ist 1947 geboren. Für ihn wurden bei der Beklagten Daten gespeichert, beispielsweise über eine Ausbildung sowie eine im Juni 1979 erfolgte Beitragserstattung.

Der Kläger hatte im Juni 2006 erstmals die Löschung der über ihn gespeicherten Daten und den Nachweis hierüber bei der Beklagten beantragt und insoweit vorgetragen, die Datensammlung der Beklagten über ihn sei rechtsmissbräuchlich und diene versicherungsfremden Zwecken. Diesen Antrag hatte die Beklagte im August 2006 abgelehnt, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Datenlöschung nach ihrer Auffassung nicht vorlagen. Ein dagegen gerichtetes und auf vollständige Löschung aller über den Kläger gespeicherter Rentenversicherungsdaten zielendes Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin (S 14 R 3925/06) endete mit folgendem gerichtlichen Vergleich vom 28. Juli 2009:

1. Die Beklagte hebt den Bescheid vom 08. August 2006 auf und verpflichtet sich, das bei ihr geführte Versicherungskonto des Klägers zu sperren. Sie wird den Kläger davon unterrichten, ob eine Löschung der Anschrift erfolgt ist.

2. Der Kläger nimmt die weitergehende Klage zurück.

3. Die Beklagte erstattet dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten.

4. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache und hinsichtlich der Kosten vollständig erledigt ist.

Die Datensperre wurde am 13. November 2009 eingerichtet.

Am 22. Februar 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm einen aktuellen Auszug über die bei ihr über seine Person gespeicherten Daten zur Verfügung zu stellen sowie diese Daten vollständig zu löschen. Hierzu trug er vor, im Rechtsstreit vor der 14. Kammer des Sozialgerichts Berlin sei hinsichtlich des Löschungsanspruchs Klagerücknahme erfolgt. Ein Widerspruchsbescheid sei nie ergangen. Dieser werde nachzuholen sein. Er habe nunmehr in dem von seiner Ehefrau geführten Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 23 R 3534/06 am 15. Dezember 2010 zum dortigen Aktenzeichen - ...- zu Protokoll vorsorglich Verzicht gemäß § 46 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) erklärt, so dass die bisherigen Scheingründe nicht mehr haltbar seien. Mit Bescheid vom 04. Mai 2011 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Kontoübersicht und lehnte den erneuten Löschungsantrag des Klägers ab. Sie führte im Wesentlichen aus, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Löschung der Daten des Klägers lägen nicht vor, insbesondere sei die damals erfolgte Beitragserstattung weiterhin zu dokumentieren. Den Widerspruch des Klägers vom 16. Mai 2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. August 2011 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 05. August 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Die Beklagte habe die Datensperre nicht glaubhaft gemacht. Sie hätte seine Daten wegen Verjährung vollständig löschen müssen. Im Verfahren vor der 23. Kammer des Sozialgerichts habe er mit seiner Prozessbevollmächtigten einen Ehevertrag abgeschlossen, der einen Verzicht auf alle etwaigen Ansprüche gegen die Beklagte enthalte. Diesen Verzicht missachte die Beklagte. Im Übrigen habe sie seine Rentenversicherungsnummer trotz Nichtbestehens eines Versicherungsverhältnisses an die KKH. übermittelt. Seine Bedenken hinsichtlich der weiteren Speicherung seiner Daten gingen unter anderen auch daraus hervor, dass die Beklagte immer noch das Betriebssystem Windows XP benutze, das seit Jahren nicht mehr sicher sei. Hinsichtlich des Arguments der weiter zu dokumentierenden Beitragserstattung werde ihm betrügerische Absicht unterstellt. Eine Dokumentation der Beitragserstattung könne aber auch in anderer Form, beispielsweise schriftlich, erfolgen. Er hat unter anderem ein Schreiben der KKH. vom 04. April 2013 vorgelegt, wonach dieser die Rentenversicherungsnummer des Klägers - im Zuge der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und einheitlichen Krankenversicherungsnummer - am 07. August 2005 im maschinellen Datenaustausch mit der Beklagten übermittelt worden sei. Außerdem hat er ein an seine ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge