Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufschiebende Wirkung. Sanktionsbescheid. Verfügungssatz. Bestimmtheit. Alg II. Absenkung. Mangelnde Bestimmheit des Verwaltungsakts. Heilung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Umfang der Absenkung muss für den Betroffenen konkret und unmissverständlich dem Bescheid zu entnehmen sein. Wird im Absenkungsbescheid lediglich ein Rahmen (mindestens 10 %/höchstens in Höhe des zustehenden Gesamtauszahlungsbetrags/maximal 31 €) benannt, ist er nicht ausreichend bestimmt.
2. Die mangelnde Bestimmtheit kann, anders als seine fehlende Begründung, nicht nach § 41 SGB X geheilt werden, da es sich nicht um einen Formfehler handelt.
Normenkette
SGB II § 31; SGB X §§ 33, 41
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Mai 2007 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2007 wird angeordnet, soweit der Antragsgegner das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin wegen eines Meldeversäumnisses am 25. Januar 2007 abgesenkt hat.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Mai 2007 ist gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 Sozialgerichtsgesetzt (SGG) zulässig und begründet. Auf den Antrag der Antragstellerin vom 5. März 2007 war die aufschiebende Wirkung ihrer am 14. Juni 2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage (S 117 AS 17552/07) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11. Mai 2007 anzuordnen, soweit der Antragsgegner das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin wegen eines Meldeversäumnisses am 25. Januar 2007 abgesenkt hat.
Das Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin richtet sich nach § 86 b Abs. 1 SGG. Denn mit dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid sind der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den hier streitbefangenen Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 30. Juni 2007 in ungekürzter Höhe gewährt worden. Damit hat der Antragsgegner einen Rechtsgrund geschaffen, aus dem die Antragstellerin für die jeweiligen Monate die Auszahlung der ihr mit diesem Bescheid gewährten Leistungen verlangen kann. Wenn der Antragsgegner meint, diese Leistungsgewährung sei vom 1. April 2007 an insoweit rechtswidrig geworden, so bedarf der ursprüngliche Bewilligungsbescheid der Aufhebung gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Dieser Bescheid, der hier unter dem 20. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2007 ergangen ist, stellt eine die Antragstellerin belastende Regelung dar, weil mit ihr in die der Antragstellerin mit dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid gewährte und sie begünstigende Rechtsposition eingegriffen worden ist.
Da die Klage der Antragstellerin gegen diese Entscheidung nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat, richtet sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG.
Hiernach kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Begehren der Antragstellerin richtete sich in diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren zwar zunächst darauf, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. Februar 2007 anzuordnen, weil im Zeitpunkt des Eingangs ihres erstinstanzlichen Rechtsschutzgesuches ihr Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid noch nicht beschieden und demzufolge die Erhebung einer Anfechtungsklage mangels Vorverfahrens zulässigerweise noch nicht möglich gewesen ist. Dieser Antrag umfasst jedoch von Anfang an die Zeit bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides vom 20. Februar 2007 und war damit im Rahmen eines einheitlichen Verfahrens darauf gerichtet, die aufschiebende Wirkung desjenigen Rechtsbehelfs anzuordnen, der den Eintritt der Bestandskraft jeweils verhinderte. Dementsprechend ist das Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin, nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2007 und Erhebung der Anfechtungsklage am 14. Juni 2007 (S 117 AS 17552/07) dahingehend umzustellen, dass nunmehr begehrt wird, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen (vgl. hierzu Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: EL 2, 2/98, § 80 RdNr. 363 unter Hinweis auf BVerwGE 78, 192, 210 und Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom 10. Mai 2006 - L 9 B 71/06 KR ER - und vom 21. Juni 2007 - L 26 B 888/07 AS ER - abrufbar unter www.Sozialgerichtsbarkeit.de).
Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei de...