Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Streitwerts für ein Verfahren auf Vergütung vertragsärztlicher Leistungen

 

Orientierungssatz

1. Für die Streitwertbestimmung nach §§ 197 a Abs 1 SGG, 52 Abs. 1 GKG ist das dem Begehren des Klägers zugrunde liegende wirtschaftliche Interesse maßgebend.

2. Der Streitgegenstand wird unter Berücksichtigung des dem Vorbringen zugrundeliegenden Lebenssachverhalts und durch den Antrag präzisiert.

3. Wird gemäß § 96 SGG ein weiterer Bescheid Gegenstand des Rechtstreits, so liegt eine den Streitgegenstand i. S. des § 40 GKG berührende spätere Erweiterung des Klagebegehrens nur dann vor, wenn neben dem den Rechtszug einleitenden Antrag und dem bisherigen Begehren ein neuer Antrag zusätzlich anhängig gemacht wird.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die im Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Dezember 2021 enthaltene Streitwertfestsetzung wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Streitwertbeschwerde der Klägerin, mit der sie beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 16. Dezember 2021 zu ändern und den Streitwert auf 9.332,78 € festzusetzen,

hat keinen Erfolg.

1. Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung durch drei Berufsrichter/Berufsrichterinnen. Zwar bestimmt § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG), dass über die Beschwerde das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Diese Vorschrift ist allerdings auf solche Gerichte wie das Landessozialgericht, die eine generelle Entscheidung durch den Einzelrichter nach der jeweiligen Prozessordnung nicht kennen, nicht anwendbar (vgl. Beschluss des Senats vom 8. Juni 2020 - L 7 KA 14/20 B -, Rn. 1, juris sowie jüngst Beschluss vom 12. August 2021 - L 9 KR 175/21 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Januar 2021 - L 26 KR 394/20 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Mai 2009, L 24 KR 33/09 R; Roos/Wahrendorf/Gutzler, SGG § 197a Rn. 34; a.A. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Juli 2018, L 7 BA 1871/18 B, Rn. 15, juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1. Juni 2017, L 5 KR 101/17 B; ausführlich zum Meinungsstand LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. Februar 2015, L 9 KA 7/14 B, jeweils juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 155 Rn. 9d).

2. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung ist zulässig. Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG), die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt. Dabei ist nicht auf die streitige Höhe des Streitwertes abzustellen, sondern auf die sich daraus ergebende Höhendifferenz der Gerichts- und Anwaltsgebühren (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. August 2016, L 6 SB 2664/16 B, juris; Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer /Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 5. Aufl. 2021, § 68 Rn. 6; Laube, in: BeckOK Kostenrecht, 34. Edition, Stand 1.10.2021, § 68 GKG, Rn. 70).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Ausgehend von einem Streitwert nach der Einbeziehung der mit dem Bescheid vom 14. Juli 2016 erfolgten Nachvergütung (5.491,61 €) anstatt des vom Sozialgericht festgesetzten Streitwerts in Höhe von nur 3.814,32 € betrüge die einfache Gebühr nach der hier nach § 60 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) noch maßgeblichen bis Ende 2020 geltenden Fassung des § 13 RVG 558 € (bei dem höheren Streitwert von 9.332,78 € [5.491,61 € + 3.814,32 €]) statt nur 252 € (vgl. Anlage 2 zum RVG), so dass die Differenz mehr als 200,00 Euro beträgt.

Die Beschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Der erstinstanzliche Rechtsstreit ist durch übereinstimmende Erledigungserklärung abgeschlossen. Das Sozialgericht hat schließlich der Beschwerde nicht abgeholfen. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG hat das Gericht, das den Streitwert festgesetzt hat, der Beschwerde abzuhelfen, soweit es sie für zulässig und begründet hält; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen.

3. Die Streitwertbeschwerde ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren Streitwertes.

Nach § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit - soweit wie hier nichts anderes bestimmt ist - der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend für die Streitwertbestimmung ist das dem Begehren zugrunde liegende wirtschaftliche Interesse des Klägers. Betrifft sein Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG). Dabei ist für die Wertberechnung des gerichtlichen Streitwerts der Zeitpunkt des den (jeweiligen) Streitgegenstand einleitenden Antrags entscheidend, instanzein...

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