Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Beteiligungsfähigkeit. Klage gegen Betriebsprüfungsbescheid. GmbH. Löschung wegen Vermögenslosigkeit vor Klageerhebung
Leitsatz (amtlich)
Eine wegen Vermögenslosigkeit vor Klageerhebung gegen einen Betriebsprüfungsbescheid gelöschte GmbH ist nach § 70 Nr 1 SGG nicht mehr beteiligungsfähig. Mit dem Entfallen der Rechtsfähigkeit der GmbH hat sich der ihr gegenüber zuvor ergangene Betriebsprüfungsbescheid auf sonstige Weise erledigt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 34.834,29 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin, eine im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Kapitalgesellschaft, wendet sich gegen einen Betriebsprüfungsbescheid und die hiermit festgesetzte Forderung.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Januar 2012 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) errichtet mit dem Geschäftszweck der Ausführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten. Sie hatte ihren Sitz in B . Zum Geschäftsführer mit Einzelvertretungsberechtigung bestellt war ausweislich des Auszugs aus dem Handelsregister B des Amtsgerichts W (HRB ) der 1969 geborene Herr B (B) sowie in der Zeit vom 3. April 2012 bis zum 21. März 2013 darüber hinaus Herr S (S).
Nach Ermittlungen durch das Hauptzollamt K, der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Trier gegen die früheren Geschäftsführer B und S und erfolgter Unterrichtung der Beklagten führte diese bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch (Mitteilung mit Schreiben vom 23. Mai 2014). Nach Anhörung stellte sie der Klägerin gegenüber mit dem Herrn B bekanntgegebenen Bescheid vom 15. Juli 2014 in der Gestalt des dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgrund der Vollmacht vom 24. Juli 2014 zugestellten Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2015 eine Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 34.834,29 € für die Zeit vom 19. November 2012 bis 25. März 2013 einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 5.032,50 € fest. In diesem Zeitraum seien Leistungen für verschiedene Auftraggeber in Höhe von insgesamt 104.758,73 € ausgeführt und abgerechnet worden. Beschäftigt worden sei lediglich ein Arbeitnehmer von November 2012 bis Januar 2013 gegen ein Bruttoentgelt von insgesamt 7.500 €, im Februar 2013 vier Arbeitnehmer gegen ein Bruttoentgelt von insgesamt 4.760,83 € und im März 2013 wieder ein Arbeitnehmer gegen einen Bruttolohn von 2.500 €. Gemeldet worden seien Entgelte in Höhe von insgesamt 14.760,82 €. Unter Berücksichtigung des erbrachten Nettoumsatzes von 88.055,24 € sei jedoch von Netto-Lohnkosten in Höhe von 58.703,45 € auszugehen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könne in lohnintensiven Branchen (Gerüstbau, Baugewerbe, Reinigungsgewerbe usw. ohne größeren Maschinen- und Materialeinsatz) als Anhaltspunkt ein Lohnkostenanteil von 2/3 des Nettoumsatzes angenommen werden. Da von der Klägerin keine vollständigen Aufzeichnungen vorgelegt worden seien, die Aufschluss über alle Lohnzahlungen geben würden, könne die Ermittlung der Entgelte nur geschätzt werden. Zu ihren Gunsten würden als Berechnungsgrundlage für die ihr, der Beklagten, nicht namentlich bekannten Arbeitnehmer nicht die Nettosummen aus den Rechnungen als Lohnquote angesetzt, sondern lediglich 66,66 v.H. der um die gemeldeten Entgelte verminderten Nettoumsätze (58.703,45 €). Die von der Klägerin beschäftigten Personen hätten in den für sie ausgeübten Beschäftigungen der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen gelte ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Wegen der Feststellung der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte und Gesamtlohnsummen, der Berechnung der Beiträge sowie der genauen Zusammensetzung der Forderung und Säumniszuschläge werde auf die dem Bescheid beigefügten Anlagen verwiesen. Zuständige Einzugsstelle sei vorliegend die AOK .
Die Klägerin wurde wegen Vermögenslosigkeit am 3. August 2015 von Amts wegen aus dem Handelsregister des Amtsgerichts W gelöscht und das Registerblatt geschlossen (vgl. HRB ).
Mit der am 4. November 2015 durch ihren Prozessbevollmächtigten (Vollmacht vom 24. Juli 2014) erhobenen Klage hat dieser für die Klägerin geltend gemacht, eine zivilrechtlich voll beendete Gesellschaft sei so lange als fortbestehend anzusehen, wie sie noch steuerliche Pflichten zu erfüllen habe oder sie Steuer- bzw. Beitragsbescheide angreife. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 15. Juli 2014 sei offensichtlich rechtswidrig. Eine Lohnquote von 16,74 % unter Berücksichtigung der gemeldeten Entgelte sei plausibel. Die Schätzung der Sozialabgabe sei offensichtlich falsch. Mit Ablauf des 31. Dezember 2017 sei der Beitragsbescheid verfassungsw...