Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft. Berechtigtes Feststellungsinteresse bei zwischenzeitlicher, anderweitiger Vermietung. Feststellungen zur Erforderlichkeit eines Umzuges. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei erstrebter Zusicherung zu den Unterkunftskosten einer bereits anderweitig vergebenen Wohnung. Fehlende Wiederholungsgefahr einer Fortsetzungsfeststellungsklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Einer Klage, gerichtet auf die Zusicherung der Angemessenheit einer in Aussicht genommenen Wohnung, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die begehrte Wohnung zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits anderweitig vermietet ist.
2. Einer Fortsetzungsfeststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Zusicherung fehlt das Feststellungsinteresse. Die einzig in Betracht kommende Wiederholungsgefahr ist zu verneinen, weil jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall abhängt und damit ungewiss bleibt, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen, wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts.
Orientierungssatz
1. Das Rechtsschutzinteresse auf Erteilung einer gesonderten Zusicherung als vorgreiflicher Teilregelung für die Übernahme angemessener Unterkunftskosten wegen grundsätzlicher Erforderlichkeit eines Umzuges ist dann entfallen, wenn die Wohnung zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits vergeben war und eine entsprechende Zusicherung von vornherein ins Leere laufen würde.
2. Die Frage der Erforderlichkeit eines Umzuges kann nicht mittels einer Zusicherung getroffen werden. Sie ist ggf. in einem Rechtsstreit über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zu klären.
3. Jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten hängt immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall, d.h. der zum Zeitpunkt der begehrten Zusicherung bestehenden Sachlage, ab.
Normenkette
SGG §§ 73a, 131 Abs. 1 S. 3
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die - im Hinblick auf die nachgewiesene Fristwahrung zulässige - Beschwerde ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren beanstandungsfrei abgelehnt; die erhobene Klage auf Gewährung der “am 20. September 2010 beantragten Leistungen„ hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - iVm § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Die Klägerin hatte am 20. September 2010 sinngemäß die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der avisierten Wohnungen im R-S-R , 3. Obergeschoss links, in P bzw in der B , 3. Obergeschoss links, in P beantragt. Der Beklagte lehnte die Erteilung einer derartigen Zusicherung mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2011 ab. Die Wohnungen waren zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bereits anderweitig vermietet.
Die erhobene Klage ist bereits unzulässig. Denn hinsichtlich der begehrten Zusicherung für die bezeichneten Unterkünfte - allein hierüber hat der Beklagte entschieden und liegt demzufolge überhaupt eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vor - fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb, weil die Wohnungen zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits vergeben waren und eine entsprechende Zusicherung von vornherein ins Leere laufen würde. Die abstrakte Feststellung der Erforderlichkeit des Umzugs kann mittels einer Zusicherung nicht getroffen werden (vgl BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 5/10 R - juris; vgl auch schon Senatsurteil vom 4. Juni 2008 - L 18 AS 1541/07 - juris). Für die nunmehr von der Klägerin bewohnte, im Rubrum bezeichnete Wohnung liegt bereits eine Verwaltungsentscheidung über die Erteilung oder Ablehnung einer Zusicherung nicht vor. Diese ist auch entbehrlich, weil die Zusicherung vor Mietvertragsabschluss eingeholt werden soll und die Frage der Erforderlichkeit des Umzugs nunmehr ggfs in einem Rechtsstreit über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zu klären wäre (vgl BSG aaO). Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass - wie die Klägerin meint - ihr durch das Konkretisierungserfordernis effektiver Rechtsschutz versagt würde. Denn ihr steht es frei, die Erteilung einer Zusicherung für ein “konkretisiertes Wohnungsangebot„ (vgl BSG aaO) ggfs auch im Wege einstweiligen Rechtsschutzes geltend zu machen.
Selbst wenn die Klägerin ihr Begehren von der erstinstanzlich erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (Fortsetzungsfeststellungsklage) umstellen würde, wäre auch diese fortgesetzte Klage bereits unzulässig. Ein Feststellungsinteresse der Kläger...