Entscheidungsstichwort (Thema)

Statthaftigkeit der PKH-Beschwerde. Renovierungskosten. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Prozesskostenhilfe. Übernahme von Renovierungskosten. gesundheitliche Einschränkungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Regelung der §§ 127 Abs. 2 S. 2, 511 der ZPO, nach der eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe, die nicht allein auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gestützt wurde, ausgeschlossen ist, wenn der Streitwert in der Hauptsache nicht 600 EUR übersteigt, ist nicht über § 73a Abs. 1 S. 1 SGG dahingehend auf das sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen, dass eine Beschwerde gegen eine ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung nur im Fall eines 500 EUR übersteigenden Beschwerdewerts statthaft ist. Eine ausreichende Rechtsgrundlage für einen solchen Ausschluss der Beschwerde besteht nicht.

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung der §§ 127 Abs. 2 S. 2, 511 ZPO ist nicht über § 73a Abs. 1 S. 1 SGG dahingehend auf das sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen, dass eine Beschwerde gegen eine ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung nur im Falle eines 500 Euro übersteigenden Beschwerdewerts (vgl. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) statthaft ist (Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.01.2007 - L 13 AS 4100/06 PKH-B, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Mai 2007 - L 10 B 217/07 AS PKH).

2. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für Renovierungsarbeiten einer Wohnung im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht nicht, wenn der Antragsteller sich lediglich wegen einer Kreislaufregulationsstörung, Schwindels und allgemeiner physischer Leistungsminderung in Ärztlicher Behandlung befindet und nicht schwer heben und tragen sollte. Renovierungsarbeiten lassen sich zum einen über einen längeren Zeitraum erstrecken und zum anderen kann der Ehepartner gewisse Arbeiten verrichten.

 

Normenkette

SGG § 73a Abs. 1 S. 1, §§ 172-173; ZPO § 127 Abs. 2 S. 2, § 511

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. März 2007 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Leistungen zur Grundsicherung beziehende Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B S für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin, in dem er - seinem jetzigen Beschwerdeschriftsatz zufolge - im Wesentlichen die Übernahme von Kosten für Renovierungsarbeiten in seiner derzeitigen Wohnung erstrebt. Er trägt hierzu vor, dass er aufgrund von Kreislaufproblemen nicht in der Lage sei, erforderliche Renovierungsarbeiten durchzuführen. Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 09. März 2007 die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seinen Beschluss im Verfahren S 99 AS 1707/07 ER abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Dabei kann dahinstehen, wie hoch der Streitwert in der Hauptsache ist. Denn die Regelung der §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 511 der Zivilprozessordnung (ZPO), nach der eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe, die nicht allein auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gestützt wurde, ausgeschlossen ist, wenn der Streitwert in der Hauptsache nicht 600,00 € übersteigt, ist zur Überzeugung des Senats nicht über § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG dahingehend auf das sozialgerichtliche Verfahren zu übertragen, dass eine Beschwerde gegen eine ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung nur im Falle eines 500,00 € übersteigenden Beschwerdewerts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) statthaft ist (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.09.2005 - L 8 AL 1862/05 PKH-B -; LSG Niedersachen, Beschluss vom 06.12.2005 - L 8 B 147/05 AS - beide dokumentiert unter sozialgerichtsbarkeit.de; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.02.2007 - L 25 B 109/07 AS PKH). Der Senat geht vielmehr im Hinblick darauf, dass die vorgenannte Auffassung zu einer weitergehenden als in der ZPO vorgesehenen Einschränkung führen würde, und unter Berücksichtigung der Gesetzgebungshistorie des 6. SGG-Änderungsgesetzes davon aus, dass keine ausreichende Rechtsgrundlage für einen derartigen Beschwerdeausschluss besteht (so mit ausführlicherer Begründung: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.01.2007 - L 13 AS 4100/06 PKH-B - und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - L 10 B 217/07 AS PKH -, beide dokumentiert unter sozialgerichtsbarkeit.de; vgl. auch Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 73a Rn. 12b).

Allerdings ist die Beschwerde nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der ZPO entsprechend. Danach ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten auf...

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