Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Überzahlung von Rentenleistungen nach dem Ableben des Rentenempfängers. Rückforderung überzahlter Rentenleistungen gegenüber einem Kreditinstitut. Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs. Zulässigkeit der Rückforderung nach Auszahlung des Rentenbetrags durch das Kreditinstitut an die Erben
Orientierungssatz
Jedenfalls ab dem Zeitpunkt, an dem ein Kreditinstitut Kenntnis vom Ableben eines Rentenempfängers hat, ist es gegenüber dem Rentenversicherungsträger zur Rückzahlung von Rentenleistungen verpflichtet, die nach dem Ableben des Rentenempfängers zu Unrecht auf dessen Konto überwiesen wurden (Anschluss BSG Urteil vom 3. Juni 2009, Az.: B 5 R 65/07 R). Dies gilt auch dann, wenn die Erben den entsprechenden Betrag zwischenzeitlich vom Konto entnommen haben, da das Kreditinstitut insoweit zur Ausführung dieses Zahlungsauftrages nicht mehr berechtigt war.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.187,89 € festgesetzt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob das beklagte Geldinstitut (rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts) verpflichtet ist, dem klagenden Rentenversicherungsträger zu Unrecht erbrachte Geldleistungen (Rentenzahlungen iHv 1.187,89 €) zurück zu überweisen.
Die 1926 geborene und 2012 verstorbene I D (im Folgenden: Rentenbezieherin) bezog von der Klägerin eine Witwenrente (nach ihrem 1929 geborenen und 1965 verstorbenen Ehegatten; Versicherungsnummer; Zahlbetrag zuletzt: 797,01 € monatlich) und eine Versichertenrente (Versicherungsnummer; Zahlbetrag zuletzt: 442,21 € monatlich). Beide Renten wurden auf ein bei der Beklagten errichtetes Girokonto der Rentenbezieherin überwiesen (IBAN:), zuletzt für Oktober 2012 mit Gutschriften vom 28. September 2012. Die Beklagte hatte seit dem 27. September 2012 Kenntnis vom Tod der Rentenbezieherin (vgl Schriftsatz vom 21. März 2013). Am 5. Oktober 2012 hoben die Erben der Rentenbezieherin das auf deren Konto befindliche Guthaben iHv 2.269,88 € ab und lösten das Konto auf; auf den Kontoauszug vom 9. Oktober 2012 und die Kontenbewegungen seit 28. September 2012 wird Bezug genommen.
Am 4. Oktober 2012 erhielt die Klägerin für beide Rentenzahlungen vom Rentenservice die Mitteilung, dass die Zahlung der Renten aufgrund des Todes der Rentenbezieherin eingestellt und die Rentenbeträge für Oktober 2012 iHv 764,- € bzw 423,89 € zu Unrecht gezahlt worden seien. Das Rückzahlungsverlangen des Rentenservice für beide Renten ging der Beklagten am 8. Oktober 2012 zu. Mit Schreiben vom 15. November 2012 (Zugang am 20. November 2012) forderte die Klägerin die Beklagte auf, die überzahlten Rentenbeträge für Oktober 2012 iHv 1.187,89 € zurück zu überweisen. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 antwortete die Beklagte, dass die Erben über das vorhandene Guthaben verfügt hätten, woran die Beklagte gebunden sei. Eine Erstattung komme daher mangels Guthabens nicht in Betracht.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie (die Klägerin) 1.187,89 € zu zahlen. Das Sozialgericht (SG) B hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 2. Dezember 2013). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei zulässig und begründet. Die Beklagte könne sich auf den Auszahlungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) nicht berufen, weil sie bereits vor der Kontenauflösung Kenntnis vom Tod der Rentenbezieherin gehabt habe (Bezugnahme auf Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 22. April 2008 - B 5a/4 R 79/06 R - juris). Dieser Rechtsprechung stünden auch nicht die nach Maßgabe des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdienste-Richtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 mWv 31. Oktober 2009 in Kraft getretenen Neuregelungen der §§ 675c Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entgegen, weil die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Bankkunde und Geldinstitut durch den öffentlich-rechtlichen Vorbehalt in § 118 Abs. 3 SGB VI überlagert würden (Bezugnahme auf BSG aaO).
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie trägt vor: Ein Geldinstitut könne bereits aus Rechtsgründen jedenfalls nicht für Verfügungen haftbar gemacht werden, die zwischen der Kenntnis des Geldinstituts vom Tod des Rentenempfängers und dem Erstattungsverlangen des Rentenversicherungsträgers getätigt würden. Dies verstoße gegen Gemeinschaftsrecht. Ein Vorbehalt könne sich nach Maßgabe von § 118 Abs. 3 SGB VI allenfalls für die Zukunft nach Zugang des Aufforderungsschreibens ergeben, dürfe aber nicht in bereits abgeschlossene Zahlungsvorgänge eingreifen. Öffentliches bundesdeutsches Sonderrecht - wie in § 118 Abs. 3 SGB VI - könne d...