Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung. Anwendbarkeit der Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Beurteilung eines Mehrbedarfes für Kostenaufwändige Ernährung. Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, Divergenz und Verletzung der Amtsermittlungspflicht. Überholung einer Entscheidung des LSG durch nachgehende Entscheidung des BSG. Divergenz. Normalfall. Streitgegenstand. Teilbarkeit. Verfahrensmangel. Aantizipierte Sachverständigengutachten. Generelle Orientierungshilfe
Orientierungssatz
1. Die Entscheidung, ob ein ernährungsbedingter Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II zu gewähren ist, wirft keine allgemein bedeutsamen Frage auf, die von der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantwortet sind, so dass die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage zu verneinen ist.
2. Zur Beurteilung des Anspruches aus § 21 Abs. 5 SGB II ist festzustellen, ob eine Krankheit vorliegt, ob sie eine bestimmte Kostform erfordert und in welchem Umfang ggf. zusätzliche Kosten anfallen. Es gilt, dass solange keine Besonderheiten des Einzelfalles vorliegen, zur Bewertung der Erforderlichkeit und des Umfangs auf die "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV zurückgegriffen werden darf. Auf die Empfehlungen kann zumindest im Sinne einer in der Verwaltungspraxis etablierten generellen Orientierungshilfe zurückgegriffen werden.
3. Eine Entscheidung eines LSG kann nicht zur Begründung der Divergenz herangezogen werden, wenn das BSG sie aufgehoben hat. Nichts anderes kann gelten, wenn eine Entscheidung des LSG durch die nachgehende Rechtsprechung des BSG überholt ist.
4. Die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) stellt nur dann einen Verfahrensmangel dar, wenn sich das Gericht zu weiteren Ermittlungen aus seiner rechtlichen Sicht hätte gedrängt fühlen müssen.
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2009 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet und war daher zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da der maßgebliche Schwellenwert von 750,00 EUR nicht überschritten wird. Streitgegenstand der vom Kläger zulässigerweise erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG) ist der erhobene Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - nämlich weitere EUR monatlich - für die Zeit vom 01. April 2009 bis zum 30. September 2009, den die Beklagte mit Bescheid vom 13. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2009 abgelehnt hat, wobei der Kläger sein Begehren auf die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu erbringenden Leistungen (vgl § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫) für den Lebensunterhalt beschränkt hat (zur Selbständigkeit der Verfügungen über die von der BA und vom kommunalen Träger zu erbringenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 ff). Die Mehrbedarfe nach § 21 SGB II sind Bestandteil dieser Leistungen (vgl BSG, Urteile vom 02. Juli 2009 - B 14 AS 54/08 R, juris RdNr 11, und vom 03. März 2009 - B 4 AS 50/07 R, juris RdNr 12; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, RdNr 9 zu § 19). Der Wert des Beschwerdegegenstandes beläuft sich daher auf 217,74 EUR (35,79 EUR x 6).
Die Berufung war auch nicht vom Senat nach § 144 Abs 2 SGG zuzulassen. Denn die in den Nrn 1 bis 3 dieser Vorschrift normierten Zulassungsvoraussetzungen liegen nicht vor.
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn die Entscheidung, ob dem Kläger ein ernährungsbedingter Mehrbedarf nach § 21 Abs 5 SGB II zusteht, wirft keine allgemein bedeutsamen Fragen auf, die von der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantwortet sind. Nach dieser Rechtsprechung ist zur Beurteilung des Anspruchs aus § 21 Abs 5 SGB II festzustellen, ob eine Krankheit vorliegt, ob sie eine bestimmte Kostform erfordert und in welchem Umfang ggf zusätzliche Kosten anfallen (unbestimmter Rechtsbegriff der “angemessenen Höhe„ - dazu BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R, juris RdNr 24, 29). Es gilt, dass solange keine Besonderheiten des Einzelfalls vorliegen, zur Bewertung der Erforderlichkeit und des Umfangs auf die “Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe„ (im Folgenden: Empfehlungen) des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV zurückgegriffen werden darf (BSG, aaO, RdNr 28; BSG, U...