Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung für ein Widerspruchsverfahren an den beauftragten Rechtsanwalt bei bewilligter Beratungshilfe
Orientierungssatz
1. Das Beratungshilfegesetz erfasst auch sozialrechtliche Streitigkeiten, § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 BerHG.
2. Ein Anspruch nach § 9 S 1 BerHG geht nach S. 2 auf die Beratungsperson über. Dazu gehört der Kostenerstattungsanspruch aus § 63 SGB 10. § 9 S. 2 BerHG bewirkt einen gesetzlichen Forderungsübergang.
3. Nach § 7 BerHG können Rechtsuchende direkt einen Rechtsanwalt aufsuchen. Die Übernahme des Beratungshilfemandats durch den Rechtsanwalt führt dazu, dass der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit anstelle des üblichen Gebührenanspruchs lediglich Anspruch auf Zahlung der Beratungshilfegebühr hat, § 44 S. 2 RVG i. V. m. Nr. 2500 VV RVG.
4. Damit rechtfertigt bereits die Übernahme des Direktmandats der Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt nach § 7 BerHG einen Ausgleich in der Gestalt des Forderungsübergangs nach § 9 S. 2 BerHG.
5. Nach § 9 S. 2 BerHG ist damit der Kostenerstattungsanspruch für ein Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB 10 im Moment seines Entstehens auf den Bevollmächtigten übergegangen.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der für die Widerspruchsverfahren W und W festzusetzenden Kosten (in Höhe von insgesamt 790,16 Euro) sowie die Auszahlung des Betrags direkt an den Bevollmächtigten der Kläger.
Die Kläger bezogen von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Der Beklagte hob mit einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13. September 2012 die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2012 teilweise auf und setzte eine Erstattungsforderung fest. Am 27. September 2012 beauftragten die Kläger, die damals minderjährigen Kläger zu 3) und 4), vertreten durch ihre Eltern, die Kläger zu 1) und 2), den Prozessbevollmächtigten mit der Erhebung von Widerspruch gegen die o.g. Entscheidung des Beklagten. Dabei füllten sie nach eigenen Angaben auch einen Antrag auf Beratungshilfe bei dem Bevollmächtigten aus. Der Bevollmächtigte erhob am selben Tag im Namen der Kläger Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und wandte ein, dass im Rahmen der Berechnung des Bedarfs der Kläger die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden seien. Der Beklagte erließ am 14. November 2012 zwei Abhilfebescheide (sowie neue Bewilligungsbescheide) im Widerspruchsverfahren der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) und hob den angefochtenen Bescheid auf. Die den Klägerin im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten werde er auf Antrag erstatten, soweit sie notwendig gewesen seien und nachgewiesen würden.
Mit seinen Kostenanträgen für die Kläger beantragte der Bevollmächtigte Kostenerstattung für das Widerspruchsverfahren der Klägerin zu 1) und der minderjährigen Kinder in Höhe von 480,76 Euro und für dasjenige des Klägers zu 2) in Höhe von 309,40 Euro. Die Erstattung sollte auf sein Konto erfolgen.
Der Beklagte teilte daraufhin unter dem 17. Januar 2013 mit, dass die beiden Widerspruchsverfahren (Az. W und W ) eine gebührenrechtliche Einheit bildeten und bat im Übrigen zur weiteren Bearbeitung der Kostenanträge um Übersendung der von dem Bevollmächtigten unterzeichneten und den Klägern von ihm mitgeteilten Vergütung sowie um anwaltliche Versicherung, ob beim Amtsgericht für die Angelegenheit Beratungshilfe beantragt worden sei. Der Bevollmächtigte wies auf § 9 Beratungshilfegesetz (BerHG) hin und teilte mit, Beratungshilfe sei nicht gezahlt worden.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. Januar 2013 die Kostenerstattung für beide Widerspruchsverfahren ab. Eine Kostenerstattung setze bereits begrifflich voraus, dass Mandanten die Vergütungsforderung des Rechtsanwaltes beglichen hätten. Solange diese mangels Rechnungslegung durch den Rechtsanwalt noch keine Zahlungen an diesen geleistet hätten, seien ihnen keine Kosten entstanden. Es reiche aus, wenn der Mandant einer Vergütungsforderung des Anwaltes ausgesetzt sei. Dies setze aber die Rechnungslegung durch den Rechtsanwalt voraus. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Bevollmächtigte selbst Inhaber des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 SGB X sei. Im Fall der Kläger sei weder eine Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs erfolgt noch sei durch das zuständige Amtsgericht Beratungshilfe gewährt worden. Der Vergütungsanspruch sei nicht gemäß § 9 Satz 2 BerHG auf den Bevollmächtigten übergegangen. Unabhängig davon seien die Kosten für eine Angelegenheit nur einmal zu erstatten. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit denen die Kläger u.a. vortrugen, der Bevollmächtigte sei im Rahmen der Beratungshilfe tätig geworden, wies der Beklagte mit Widerspruch...