Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit
Orientierungssatz
Der Umstand, dass ein Sachverständiger in einem anderen Verfahren der Beteiligten als vom Gericht bestellter Sachverständiger tätig geworden ist, ist regelmäßig kein Anlass zu befürchten, der Sachverständige sei gerade in Sachen dieser Beteiligten nicht unbefangen genug (Vergleiche: OLG München, Urteil vom 23. April 1993, 1 W 1374/93; VersR 1994, 704).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld für die Zeit ab dem 10. August 2004 streitig. Die Beklagte hat in Auseinandersetzung mit dem Klagebegehren unter anderem ein auf Veranlassung der 73. Kammer des Sozialgerichts (SG) Berlin erstelltes Gutachten des Arztes T B vom 23. Februar 2005 zur Akte gereicht, in dem dieser auf eine ambulante Untersuchung der Klägerin hin zu ihrer Arbeitsunfähigkeit vom 15. September 2003 bis zum 15. Dezember 2003 Stellung bezogen hat. Der Vorsitzende der für die Bearbeitung des vorliegenden Rechtsstreits zuständigen 86. Kammer des SG Berlin hat die Klägerin zunächst zur Stellungnahme hierzu aufgefordert und nach Eingang der Stellungnahme den Arzt T B mit Beweisanordnung vom 6. Mai 2005 mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage wegen des Zeitraumes ab dem 10. August 2004 beauftragt. Die Klägerin, der die Beweisanordnung mit Schreiben vom 13. Mai 2005 zur Kenntnis übersandt worden war, hat am 23. Mai 2005 den Antrag gestellt, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Sie hat dies unter Bezugnahme auf ihre Stellungnahme zum Gutachten vom 23. Februar 2005 damit begründet, die Ausführungen im dortigen Gutachten insbesondere zu ihrer Biographie entsprächen teilweise nicht der Wahrheit. Seine Rückschlüsse seien widersprüchlich. Der Sachverständige, der sein Gutachten in Unkenntnis des angebrachten Befangenheitsgesuchs bereits am 26. Mai 2005 erstellt hatte, hat sich in einer Stellungnahme zum Gesuch vom 3. Juni 2005 dahin geäußert, er halte sich nicht für befangen. Soweit es für ihn erkennbar sei, beruhe die Annahme der Befangenheit lediglich auf dem Umstand, dass die von ihm durchgeführte Begutachtung nicht zum von der Klägerin gewünschten Ergebnis gekommen sei. Es gehe in beiden Gutachten jedoch ausschließlich um Erhebung und Würdigung medizinischer Befunde. Über diesen beruflichen Aspekt hinaus bestünden von seiner Seite gegenüber der Person der Klägerin keine wie auch immer gearteten Einstellungen oder Vorurteile, die aus seiner Sicht die Befangenheit begründen könnten.
Das SG hat das Befangenheitsgesuch mit Beschluss vom 17. Juni 2005, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, der das SG nicht abgeholfen hat. Die Beklagte ist der Beschwerde entgegentreten.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung.
Das damit zulässige Ablehnungsgesuch ist nicht begründet, was das SG zutreffend entschieden hat.
Dabei ist der angefochtene Beschluss - anders als die Klägerin meint - nicht in verfahrensrechtlicher Hinsicht deshalb zu beanstanden, weil das SG vor seiner Entscheidung dem Sachverständigen Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch gegeben hat. Auch wenn eine Anhörung des Sachverständigen zum Sachverhalt nicht in jedem Fall gesetzlich vorgeschrieben ist, kann sie der sachlichen Prüfung des Gesuchs dienlich sein und ist daher nicht zu beanstanden.
Der hier geltend gemachte Ablehnungsgrund der Besorgnis der Befangenheit setzt voraus, dass hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unbefangenheit, Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit des Sachverständigen zu zweifeln. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung. Im vorliegenden Fall fehlt es an den dargelegten Voraussetzungen.
Der Umstand, dass ein Sachverständiger in einem anderen Verfahren der Beteiligten als vom Gericht bestellter Sachverständiger tätig geworden ist, ist regelmäßig kein Anlass zu befürchten, der Sachverständige sei gerade in Sachen dieser Beteiligten nicht unbefangen genug (OLG München VersR 1994, 704; Bayerisches Landessozialgericht HVBG-INFO 2003, 2262). Im vorliegenden Verfah...