Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussichten. Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
Orientierungssatz
1. Nach § 114 S 1 ZPO iVm § 73a Abs 1 S 1 SGG erhält ein Unbemittelter im sozialgerichtlichen Verfahren auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe muss nicht erfolgen, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als "schwierig" erscheint.
2. Einer Klage, mit der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 für Zeiten vor der (erneuten) Antragstellung begehrt werden, fehlt es an der hinreichenden Aussicht auf Erfolg.
3. Eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache enthält keine Aussage darüber, ob das Rechtsmittel erfolgreich sein wird, sondern nur darüber, dass ein Interesse der Allgemeinheit an der Klärung einer bestimmten Rechtsfrage besteht.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 1. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht ist unbegründet; die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 73 a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Zwar dürfen mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlich gebotene Angleichung unbemittelter Prozessparteien an bemittelte die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Die in § 114 ZPO vorgesehene Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung selbst in das Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern, das den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen will. Ebenso wenig, wie das Gericht die Erfolgsaussicht aufgrund einer nur oberflächlichen Prüfung verneinen darf, ist der Streitstoff abschließend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu würdigen. Andererseits gebietet das verfassungsrechtliche Gebot, auch einem Unbemittelten durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Zugang zum Gericht zu ermöglichen, nur, ihn einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Prozesskostenhilfe muss nicht bewilligt werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist. Dies gilt auch, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als "schwierig" erscheint (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u.a. -, BVerfGE 81, 347 [357 f.]).
Nach diesen Maßgaben ist dem Kläger, der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch - SGB II - auch für den Zeitraum vom 1. bis 9. März 2008 begehrt, Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen. Denn der Kläger hat nach dem Auslaufen des vorherigen Bewilligungsabschnittes zum 29. Februar 2008 Leistungen nach dem SGB II erstmals wieder am 10. März 2008 beantragt, so dass dem Klagebegehren die Vorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II entgegenstehen dürfte, wonach Leistungen nicht für Zeiten vor Antragstellung erbracht werden.
Soweit er seine Klage damit begründet, dass für die Arbeitslosenhilfe des alten Rechts in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Hinweis auf Urteil v. 29. Januar 2001 - B 7 AL 16/00 R - ) anerkannt war, dass ein Erstantrag auch nach Ende des Bewilligungszeitraumes seine Wirkung nicht verliert, verkennt er, dass sich die Gesetzeslage des SGB II gegenüber den für die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe maßgebenden früheren Vorschriften wesentlich unterscheidet. Der Wortlaut des § 37 SGB II stimmt nicht mit dem der §§ 323, 325 des Sozialgesetzbuchs, Drittes Buch - SGB III - überein. Der historische Gesetzgeber hat für das SGB II ausdrücklich gewollt, dass der Antragstellung konstitutive Wirkung beikommt (BT-Drucks. 15/1516, S. 62). Im Gegensatz zur Rechtslage nach dem SGB III alter Fassung (vgl. § 198 SGB III a.F.) gibt es im SGB II auch keine Grundlage dafür, den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 19 SGB II als einheitlichen Anspruch anzusehen. Denn während die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe wesentlich durch den Eintritt von Arbeitslosigkeit (als in der Vergangenheit liegendes Ereignis) bestimmt ware...