Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeld. Zeuge. Ladung mit Hinweis auf Folgen einer schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage. nachträgliche Erledigung der Zeugenaussage
Orientierungssatz
1. Auch nach einer Ladung darf das Gericht einen Zeugen, der nicht verpflichtet ist, schriftlich Auskunft zu geben, darauf hinweisen, welche Folgen eine schriftliche Beantwortung der Beweisfragen nach sich zieht, um ihm überhaupt erst eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen, ob er gem § 377 Abs 3 S 1 ZPO schriftlich Stellung nimmt oder es vorzieht, gem § 377 Abs 3 S 3 ZPO im Termin auszusagen. Ein gesetzliches Verbot für einen solchen Hinweis gibt es nicht (vgl aber LSG Berlin-Potsdam vom 13.5.2015 - L 27 R 65/15 B).
2. Es bleibt bei dem Ordnungsgeld, wenn die unterbliebene Zeugenaussage sich im Nachhinein erledigt hat oder wenn sich später herausstellt, dass es auf die Aussage des Zeugen gar nicht ankommt (vgl BFH vom 11.9.2013 - XI B 111/12 = BFH/NV 2013, 1944 und OLG Koblenz vom 20.4.2020 - 13 WF 241/20).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2020 über ein Ordnungsgeld von 200,00 Euro wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 Euro.
Mit Verfügung vom 20. November 2020 wurde der Beschwerdeführer als Zeuge für Mittwoch, 16. Dezember 2020, 10:00 Uhr, in das Sozialgericht Berlin geladen. In der Ladung war unter anderem darauf hingewiesen worden, dass gegen einen Zeugen, der ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint, ein Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 Euro festgesetzt werden kann. Weiter hieß es, der Termin zur Beweisaufnahme diene dazu, den Beschwerdeführer zur Erstattung des angeforderten Befundberichtes zu veranlassen; der Termin werde aufgehoben, wenn dieser Befundbericht rechtzeitig vorher eingehe. Laut Zustellungsurkunde vom 25. November 2020 wurde die Ladung nach einem vergeblichen Übergabeversuch in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt.
Zum Erörterungstermin vom 16. Dezember 2020 erschien der Beschwerdeführer nicht. Ausweislich des Protokolls des Termins wurde festgestellt, dass er ordnungsgemäß geladen worden sei. Nach 20-minütigem Abwarten wurde dem Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld von 200,00 Euro sowie die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt.
Am 22. Februar 2021 hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Er bearbeite Schreiben der Sozialgerichte, die an ihn gerichtet werden, innerhalb einer Woche. Die Ladung habe er nicht bekommen. Hätte er sie erhalten, wäre er auch zur Verhandlung erschienen. Anfang März 2021 ist sodann beim Sozialgericht ein vom Beschwerdeführer erstellter Befundbericht eingegangen.
II.
Ob die gem. § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Beschwerde rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 173 Abs. 1 SGG erhoben worden ist, kann offenbleiben. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss über das Ordnungsgeld wurde ausweislich der Zustellungsurkunde vom 21. Dezember 2020 am selben Tag nach vergeblichem Zustellungsversuch in den Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung des Geschäftsraumes des Beschwerdeführers eingelegt. Der Beschwerdeführer ist jedoch offensichtlich erst tätig geworden, nachdem ihm die Zahlungsaufforderung des Sozialgerichts vom 5. Februar 2021 am 10. Februar 2021 zugestellt worden ist.
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Das Ordnungsgeld ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für ein Ordnungsgeld liegen vor.
Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, sind nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 380 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten und zugleich ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Dies unterbleibt, wenn sein Ausbleiben rechtzeitig genügend entschuldigt wird, § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Entschuldigt sich der Zeuge nachträglich genügend, werden die getroffenen Anordnungen nach § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO aufgehoben.
Der Beschwerdeführer ist zum Erörterungstermin vom 16. Dezember 2020 unstreitig nicht erschienen. Er war auch rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen. Die Ladung enthielt alle nach § 377 ZPO erforderlichen Angaben.
Dass das Gericht eine Abladung für den Fall des rechtzeitigen Eingangs eines Befundberichts bei dem Sozialgericht in Aussicht gestellt hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Ladung war nicht auflösend bedingt. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn eine förmliche Abladung bei Bedingungseintritt nicht mehr hätte erfolgen sollen. Ein solcher Fall liegt hier aber offenkundig nicht vor. Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass das Gericht sich bereits vorab gebunden hätte, in jedem Fall, also auch bei einer gegebenenfalls völlig unzulänglichen Beantwortung der Beweisfragen durch den Beschwerdeführer, den Termin aufzuheben. Dies kann der Ladung nicht entnommen werden...