Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Voraussetzung einer Zuständigkeitsbestimmung durch das Landessozialgericht bei mutmaßlich fehlender örtlicher Zuständigkeit des Sozialgerichts

 

Orientierungssatz

Die Anwendbarkeit des § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGG zur Gerichtsstandsbestimmung durch das Landessozialgericht kommt nur bei Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft mit unterschiedlicher örtlicher Zuständigkeit für die Streitgenossen in Betracht.

 

Tenor

Der Antrag des Sozialgerichts Berlin, im Verfahren S 116 AS 15671/10 das örtlich zuständige Sozialgericht zu bestimmen, wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

Der auf - die hier allein in Betracht kommende - Vorschrift des § 58 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestützte Antrag des Sozialgerichts (SG) Berlin, das örtlich zuständige SG im Verfahren - S 116 AS 15671/10 - zu bestimmen, ist bereits unzulässig.

Die sachlichen Voraussetzungen für die beantragte Zuständigkeitsbestimmung liegen nicht vor. Denn dies wäre nur dann der Fall, wenn das mit der Sache befasste SG Berlin weder nach § 57 SGG, § 57a SGG oder § 57b SGG zuständig ist noch von sich aus das zuständige Gericht zum Zwecke der Verweisung bestimmen kann (vgl. BSG, Beschluss vom 25. August 2003 - B 7 SF 14/03 S = SozR 4-1500 § 58 Nr 1; BSG SozR Nr 3 zu § 58 SGG). Vorliegend kann sich die örtliche Zuständigkeit nur aus § 57 Abs. 1 SGG ergeben. Das SG Berlin hat im Rahmen dieser Vorschrift zu prüfen, ob seine örtliche Zuständigkeit (auch) für die Klage des Klägers zu 2) gegeben ist, wofür bereits spricht, dass der Internatsaufenthalt in P nur Ausbildungszwecken dient und Anhaltspunkte dafür, dass der minderjährige Kläger zu 2) zum Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Wohnsitz in der mütterlichen Wohnung in B nicht mehr beibehalten und nutzen wollte, nach Aktenlage nicht ersichtlich sind (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 22. Mai 1984 - 10 RKg 3/83 = SozR 5870 § 2 Nr 33). Sollte der Kläger zu 2) über zwei Wohnsitze verfügen, könnte der Kläger zu 2) wählen, wo er klagen will (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 57 Rz 6a mwN). Hätte er hingegen keinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort in B, könnte das SG von sich aus das zuständige Gericht zum Zwecke der Verweisung bestimmen. Eine örtliche Zuständigkeit nach den §§ 57, 57a, 57b SGG ist demnach in jedem Fall gegeben. Dass das SG eine Abtrennung ggfs. nicht für sachdienlich hält, ändert daran nichts. Denn lediglich im Fall einer - hier nicht vorliegenden - notwendigen Streitgenossenschaft (§ 74 SGG iVm § 62 Zivilprozessordnung) mit unterschiedlicher örtlicher Zuständigkeit für die Streitgenossen wäre die Anwendbarkeit des § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGG eröffnet (vgl. BSG SozR 3-1500 § 58 Nr 1; BSG, Beschluss vom 11. März 2005 - B 13 SF 1/05 S = SozR 4-1500 § 58 Nr 5).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2423163

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