Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnungsantrag. innerprozessuale Bedingung. Besorgnis der Befangenheit
Leitsatz (redaktionell)
Ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit kann nicht unter einer Bedingung angebracht werden, auch dann nicht, wenn es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt.
Normenkette
SGG § 60 Abs. 1; ZPO § 42 Abs. 1-2, §§ 43, 47 Abs. 1
Tenor
Das Gesuch des Antragstellers, den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Der Antrag, den Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist nicht zulässig.
Gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Der vorliegende Ablehnungsantrag ist unzulässig, da er unter eine Bedingung gestellt ist. Der Antragsteller hat den Richter abgelehnt für den Fall, dass sich das Gericht nicht in der Lage sieht, das von ihm beantragte Anerkenntnisurteil zu erlassen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist die bedingte Prozesshandlung hier auch nicht deshalb zulässig, weil es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt. Es ist zwar in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass innerprozessuale Bedingungen, die die Wirksamkeit einer Erwirkungshandlung vom Prozessablauf selbst abhängig machen, insbesondere von dem Erfolg oder Misserfolg einer eigenen Prozesshandlung oder einer solchen Handlung des Gegners, zulässig sind (vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 28. Auflage 2010, vor § 128, Rn. 20 m.w.N.). Voraussetzung für die Zulässigkeit ist allerdings, dass keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird. Aus diesem Grund ist z.B. eine bedingte Einlegung eines Rechtsmittels unzulässig, da über das Schweben oder Nichtschweben eines Rechtsstreits Klarheit bestehen muss, ebenso eine bedingte Klage oder ein nur bedingter Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Gleiches gilt für einen Befangenheitsantrag (so auch Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 18. Oktober 1994, Az. VIII B 120/93, juris Rn. 22 = BFH/NV 1995, 687; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 69. Auflage 2011, § 42 Rn. 5). Der Grund hierfür ist, dass nach § 47 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 60 Abs. 1 SGG ein abgelehnter Richter bis zur Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur noch unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen darf. Dies macht es unerlässlich, dass Klarheit besteht, ob ein Ablehnungsgesuch vorliegt (so auch BFH, a.a.O. für § 47 ZPO i.V.m. § 51 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung); außerdem bedarf es dieser Klarheit, um feststellen zu können, ob ein Verlust des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO eingetreten ist.
Im Übrigen ist es auch nicht Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts, es dazu einzusetzen, Druck auf ein Gericht auszuüben, etwa um wie hier eine Entscheidung im begehrten Sinne herbeizuführen (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt Beschluss des BFH, a.a.O, juris Rn. 25 m.w.N.).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Fundstellen