Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einstweiliger Rechtsschutz. Übernahme von Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft. Entgegenstehende Rechtskraft eines ablehnenden Beschlusses über den selben Gegenstand
Orientierungssatz
1. Nach § 141 Abs 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Beschlüsse im Verfahren der einstweiligen Anordnung stehen ihnen insoweit gleich. Dies gilt auch, soweit sie Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückweisen. Auch hier muss ein fortgesetzter Streit der Beteiligten über denselben Gegenstand abgewiesen werden. Ein neuer Antrag ist nur dann möglich, wenn nach der früheren Beschlussfassung neue Tatsachen entstanden sind
2. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 22 Abs 5 S 1 und 2 SGB 2 sind nur erfüllt, wenn auch die gemietete Liegenschaft tatsächlich als “Unterkunft„ dient und genutzt wird, Unterkunftskosten entstanden sind und insoweit ein entsprechender Bedarf besteht.
3. Grundsätzlich wird vorläufiger Rechtsschutz nach § 86b Abs 2 SGG gewährt, um einer gegenwärtigen oder unmittelbar bevorstehenden Notlage zu begegnen. Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn ein konkreter Nachholbedarf glaubhaft gemacht wird und die daraus folgenden Gefahren für die Sicherung des laufenden Lebensunterhalts konkret belegt werden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2. wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 02. September 2010 geändert, soweit diese verpflichtet worden ist, ein Darlehen zum Ausgleich bestehender Mietschulden in Höhe von 10.440,25 € zu gewähren und auszuzahlen auf das Konto Nr. … bei der …. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird auch insoweit zurückgewiesen.
Von den außergerichtlichen Kosten für das erstinstanzliche Verfahren trägt die Antragsgegnerin zu 1. ein Drittel; im Übrigen sind für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren zwischen den Beteiligten keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2. hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht sie verpflichtet, ein Darlehen zum Ausgleich bestehender Mietschulden in Höhe von 10.440,25 € zu gewähren und auszuzahlen. Ein von der Antragstellerin hierauf gerichtetes Begehren im Rahmen eines - weiteren - einstweiligen Anordnungsverfahrens war schon ganz überwiegend wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig (zu. 1). Soweit ein Teil noch als zulässig zu erachten ist, ist zumindest ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden (zu 2.).
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu 2. im zuvor angegebenen Umfang zu verpflichten, ist wegen entgegenstehender Rechtskraft schon im Umfang von 7.941,40 € unzulässig, denn insoweit hat die Antragstellerin hier ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren mit demselben Begehren betrieben, wie schon im zum Aktenzeichen S 38 AS 828/10 ER registrierten einstweiligen Anordnungsverfahren vor dem Sozialgericht Potsdam und dem anschließenden Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zum Aktenzeichen L 5 AS 710/10 B ER. Dieses Verfahren ist durch unanfechtbaren Beschluss vom 18. Juni 2010 abgeschlossen.
Nach § 141 Abs. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Der materiellen Rechtskraft fähig sind alle Urteile, mit denen endgültig und vorbehaltlos entschieden wird. Beschlüsse im Verfahren der einstweiligen Anordnung stehen ihnen insoweit gleich (BFH vom 18. Dezember 1991 - Az.: II B 112/91 m.w.N., nach juris; Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008 [Meyer-Ladewig], § 141 Rn. 5). Sie regeln abschließend einen vorläufigen Zustand. Dies gilt auch, soweit sie Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückweisen. Auch hier muss ein fortgesetzter Streit der Beteiligten über denselben Gegenstand abgewiesen werden (BFH, a.a.O., Meyer-Ladewig, a.a.O). Die Wirkung der Rechtskraft ist von Amts wegen zu beachten; eine neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Gegenstand zwischen denselben Beteiligten ist nicht möglich. Gegenstand der materiellen Rechtskraft ist grundsätzlich nur die Urteilsformel, bzw. die Beschlussformel. Reicht diese zur Bestimmung ihrer Tragweite nicht aus, z.B. bei abweisenden Urteilen, müssen die Entscheidungsgründe zur Bestimmung hinzugezogen werden (Meyer-Ladewig, § 141, Rn. 7a). Ein neuer Antrag ist nur dann möglich, wenn nach der früheren Beschlussfassung neue Tatsachen entstanden sind (BFH, a.a.O.; OVG Münster in NJW 1975, 992; Meyer-Ladewig, § 141 Rn. 6c, LSG Thüringen, L 6 RJ 914/03 ER).
Der vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 18. März 2010 konkretisiert gestellte Antrag zur offenen Mietzinshöhe (einschließlich weiterer Kosten in diesem Zusammenhang) von 7.941,40 € (- bereits mit der Antragsschrift vom 11. März 2010 ist die Verpflichtung der Antragsg...