Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. keine Förderung der beruflichen Weiterbildung. Umschulung zur Heilpraktikerin. Ermessensausübung
Leitsatz (amtlich)
Zur Umschulung als Heilpraktikerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 20. Juni 2011 gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Mai 2011 (dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt am 20. Mai 2011) hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die beantragte Förderung der Ausbildung zur Heilpraktikerin vorläufig zu bewilligen.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Antragstellerin hat keinen vorläufig zu sichernden Anspruch auf Übernahme der Kosten für die zweijährige Heilpraktikerausbildung an der S.Schule bzw. auf Erteilung eines entsprechenden Bildungsgutscheins.
Gemäß § 77 Abs. 1 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB III) steht die Übernahme von Weiterbildungskosten im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin. Danach können erwerbsfähige Hilfebedürftige bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn
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die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, |
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vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und |
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die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind. |
Anerkannt wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlenden Berufsabschlusses gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 SGB III, wenn sie
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über einen Berufsabschluss verfügen, jedoch auf Grund einer mehr als vier Jahre ausgeübten Beschäftigung in an- oder ungelernter Tätigkeit eine entsprechende Beschäftigung voraussichtlich nicht mehr ausüben können, oder |
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nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. |
Liegen die Voraussetzungen für eine Förderung vor, wird dem Arbeitnehmer dies mittels eines Bildungsgutscheins gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 SGB III bescheinigt.
Soweit die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2010, der Gegenstand der beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) anhängigen Klage S 12 AL 193/10 ist, die Notwendigkeit der Weiterbildung zur Heilpraktikerin u.a. wegen fehlender Integrationsaussichten in den Arbeitsmarkt verneint hat, weil für Heilpraktiker derzeit keine versicherungspflichtigen Stellenangebote verfügbar seien, stände dies allein zwar einer Förderung der beruflichen Weiterbildung zur Heilpraktikerin, einer ohnehin überwiegend selbständig ausgeübten Tätigkeit, nicht von vornherein entgegen.
Ob eine Förderung der begehrten Umschulung zur Heilpraktikerin ferner deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich bei dieser Bildungsmaßnahme nicht um eine berufliche Weiterbildung, sondern um eine Ausbildung handelt, kann für das vorliegende Verfahren dahinstehen. Denn weder für den Fall des Vorliegens einer Weiterbildungsmaßnahme noch einer Ausbildung steht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Förderfähigkeit nach dem SGB III gegenüber der Antragsgegnerin fest. Die Zuordnung der konkreten Maßnahme entweder als Weiterbildung oder als Ausbildung ist nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgeblich insofern ist nicht die Perspektive des Teilnehmers, sondern die konkrete Ausgestaltung des Bildungsangebots aufgrund der objektiv erkennbaren Umstände. Nach dem jeweiligen Zuschnitt, der Struktur und den Inhalten ist zu entscheiden, ob es sich um eine schulische oder berufliche Ausbildung oder aber um eine berufliche Weiterbildung handelt. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, etwa welche Vorkenntnisse für die erfolgreiche Teilnahme an der Maßnahme erforde...