Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessen der Agentur für Arbeit bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf eine Förderung der beruflichen Weiterbildung nach § 81 Abs. 1 S. 1 SGB 3 steht im Ermessen des Leistungsträgers.
2. Für eine selbstbeschaffte Ermessensleistung im Rahmen des Anspruchs auf Kostenerstattung ist daher erforderlich, dass eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist.
3. Eine solche Ermessensreduzierung ist nur dann gegeben, wenn es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zulassen.
4. Bei der Bewirtschaftung ihrer Mittel zur Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen steht der Arbeitsagentur ein weiter Ermessensspielraum zu, welcher der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt unterliegt.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Der zulässige Antrag, mit dem die Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine Förderung der beruflichen Weiterbildung zur staatlich anerkannten Kosmetikerin zu bewilligen, bleibt ohne Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu dem die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Sowohl Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gem. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 294, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Nach der maßgeblichen Vorschrift des § 81 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind. Gemäß § 81 Abs. 4 S. 1 SGB III wird dem Arbeitnehmer das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung bescheinigt (Bildungsgutschein).
Ein Anspruch auf eine Förderung der beruflichen Weiterbildung ist unabhängig vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen bereits deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil die Bewilligung dieser Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. In diesem Bereich ist eine einstweilige Anordnung nur möglich, wenn allein eine bestimmte Entscheidung ermessensgerecht sein kann (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rz. 30a m.w.N.; s.a. Landessozialgericht [LSG] Hamburg, Beschluss vom 14.12.2010 - L 5 AL 830/10 B ER -), es sich bei der angestrebten Weiterbildung also um die einzige Maßnahme handelt, mit der eine dauerhafte berufliche Wiedereingliederung erreicht werden könnte (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - L 14 AL 174/11 B ER, juris). Dies ist der Fall, wenn jede andere Entscheidung sich zwingend als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig darstellen würde (LSG Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2015 - L 2 AL 37/12 -, Rz. 31, juris unter Hinweis auf Hessisches LSG, Beschluss vom 5. April 2012 - L 7 AS 46/12 B ER, L 7 AS 47/12 B, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Juli 2010 - L 6 AS 842/10 B, juris; allgemein etwa Just in: Hauck/Noftz, SGB I, § 39 Rz. 18).
Für selbstbeschaffte Ermessensleistungen ist im Rahmen des Anspruches auf Kostenerstattung zu verlangen, dass eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2015 a.a.O.). Dies ist sachgerecht, da anderenfalls der Leistungsberechtigte durch die Selbstbeschaffung das der Behörde gesetzlich eingeräumte Ermessen beschränken und die Behörde vor vollendete Tatsachen stellen könnte (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10 -, Rn. 39 - 40, juris).
Das Vorliegen eines derar...