Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. erwerbsfähiger Ausländer. Aufenthaltsgestattung. Nebenbestimmung. Beschäftigungserlaubnis
Orientierungssatz
1. Ist einem Asylbewerber nach der Nebenbestimmung der Aufenthaltsgestattung die Aufnahme einer Beschäftigung konkret-individuell versagt und über den Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis noch nicht entschieden, könnte bereits hier in Frage stehen, ob eine Berufung auf § 8 Abs 2 Alt 2 SGB 2 noch möglich ist.
2. § 8 Abs 2 Alt 2 SGB 2 ist nicht dahin zu verstehen, dass die gesetzgeberisch eingeräumte, abstrakt-generelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis - im Außenverhältnis durch die Ausländerbehörde bei ggf erforderlicher Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit - hinreicht. Der Gesetzgeber hat mit der zweiten Alternative im Ausgangspunkt zunächst nur auf das je einschlägige Recht der Arbeitsmarktsteuerung verweisen wollen.
3. Steht der Ausländer dem rechtlichen Arbeitsmarktzugang gem § 61 Abs 2 AsylVfG 1992 iVm § 39 Abs 2 S 1 Nr 1 AufenthG 2004 wegen der Arbeitsmarktlage fern, kann iS des § 8 Abs 2 Alt 2 SGB 2 ein "erlaubt werden können" nicht angenommen werden und es ist nicht gerechtfertigt, ihn dem arbeitsmarktbezogenen Existenzsicherungssystem zuzuordnen.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. September 2005 aufgehoben. Der auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag der Antragsteller zu 1 bis 3 vom 29. August 2005 wird abgelehnt.
2. Der Kostengrundbeschluss vom 28. September 2005 wird aufgehoben. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz sind nicht zu erstatten.
3. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz seit 21. November 2005 gewährt und Frau Rechtsanwältin P S beigeordnet.
Tatbestand
Die Antragsteller (Ast.), als kolumbianische Staatsangehörige ausgewiesen, reisten am 19. Februar 1999 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 24. Februar 1999 Asylanträge. Dem entsprach das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 09. März 2000. Die hiergegen gerichtete Klage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten vor dem Verwaltungsgericht F zu dem Aktenzeichen ist bislang nicht entschieden. Die Ast. sind gemeinsam wohnhaft unter der im Rubrum genannten Anschrift in S seit dem 01. September 2000.
Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin (Agg.) richtete der Ast. zu 1 für die Bedarfsgemeinschaft am 16. September 2004 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II an das damalige Arbeitsamt F - Geschäftsstelle S - für die Zeit seit 01. Januar 2005. Weder er, der Ast. zu 1, noch seine Ehefrau, die Ast. zu 2, seien im Besitz einer Arbeitserlaubnis. Bisher habe man Sozialhilfe nach dem BSHG seitens der Stadt S bezogen. Beigefügt war die Kopie einer Aufenthaltsgestattung nach § 63 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG - , der zufolge die räumliche Beschränkung nach § 58 Abs. 4 AsylVfG aufgehoben war und die Inhaber der Gestattung verpflichtet seien, in der P. Straße 29, S zu wohnen. Die Gültigkeitsdauer war seinerzeit bis zum 29. Dezember 2004 verlängert.
Am 31. März 2005 stellt der Ast. zu 1 einen “Fortzahlungsantrag" auf Leistungen nach dem SGB II. Beigefügt war ein Antragsvordruck, auf welchem die Ausländerbehörde des Landrates M unter dem 31. März 2005 das Einreichen eines Antrages auf Arbeitserlaubnis bestätigte. Sowohl der Ast. zu 1 wie die Ast. zu 2 erklärten darin, bis 29. Juni 2005 sei ihre Aufenthaltsgestattung gültig. Angaben zu einem in Aussicht genommenen Beschäftigungsbetrieb fehlten ebenso wie die Beschreibung einer in Aussicht genommenen Beschäftigungsstelle. Für den Ast. zu 1 fand sich lediglich die Berufsbezeichnung “Computertechniker", für die Ast. zu 2 die Bezeichnung “Lehrerin", für beide war im Übrigen die Kategorie “Uni/Hochschule" als “Qualifikation" angekreuzt.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 meldete das Sozialamt des Landrates M bei dem Agg. einen Ersatzanspruch gemäß § 104 SGB X an. Für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 31. März 2005 und erneut wegen Mittellosigkeit für die Zeit vom 01. April bis 31. Mai 2005 seien Leistungen von dort für die Ast. gewährt worden. Die Familie sei nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht anspruchsberechtigt. Auf Krankengeld habe die Tochter keinen Anspruch. Die Agg. sei leistungszuständig nach § 7 SGB II.
Am 08. Juni 2005 stellte der Ast. zu 1 erneut Fortzahlungsantrag bei dem Agg. Einem Aktenvermerk der Mitarbeiterin S des Agg. vom 27. Juli 2005 zufolge (Gespräch mit der Mitarbeiterin H der Ausländerbehörde) habe der Ast. zu 1 den Antrag (auf “Arbeitserlaubnis") abgegeben, aber keinen Arbeitgeber. Ohne einen Arbeitgeber könne keine Arbeitserlaubnis erteilt werden (Verwaltungsakte Blatt 48).
Unter Bezugnahme auf den Formantrag vom 08. Juni 2005 hat der Agg. mit Bescheid vom 25. Juli 2005 leistungsablehnend entschieden. Dem Ast. sei d...