Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht bzw bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Leistungsausschluss für dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB 2. Leistungsausschluss nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 12. Vereinbarkeit mit dem EuFürsAbk. Begriff des erlaubten Aufenthalts

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff "erlaubter Aufenthalt" bei Anwendung der Vorschriften des Europäischen Fürsorgeabkommens (juris: EuFürsAbk) über die Inländergleichstellung auf EU-Bürgerinnen nach Abschaffung der Freizügigkeitsbescheinigung gem § 5 Abs 1 FreizügG/EU (juris: FreizügG/EU 2004) idF bis 28.1.2013 und Änderung der Vorschrift des § 23 Abs 2 SGB XII (Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe für Ausländer und deren Familienangehörige) zum 29.12.2016 durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (vom 22.12.2016, BGBl I S 3155 - juris: AuslPersGrSiuSHRegG).

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 2016 geändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin

für den Monat November 2016 190,35 €,

für die Monate Dezember 2016 und Januar 2017 jeweils 279,50 € und

für den Zeitraum 1. bis 7. Februar 2017 39,93 € zu zahlen.

Der Beigeladene wird verpflichtet, an die Antragstellerin

für den Zeitraum 8. bis 28. Februar 2017 239,57 €,

für den Monat März 2017 279,50 € und

für die Monate April bis Juli 2017 jeweils 602,10 €

zu zahlen.

Die Zahlungsverpflichtung des Beigeladenen endet vor Ablauf des 31. Juli 2017, soweit durch Verwaltungsakt bestandskräftig - vorläufig oder endgültig - über die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entschieden worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Verfahren erster Instanz in vollem Umfang. Für das Beschwerdeverfahren tragen der Antragsgegner und der Beigeladene die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin jeweils zur Hälfte.

Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2016 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt S L, B, beigeordnet.

 

Gründe

I.

Die 1993 geborene Antragstellerin ist italienische Staatsangehörige. Im Juli 2014 reiste sie in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie übte bis zum Jahresende 2016 im Inland

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vom 21. Juli 2014 bis zum 4. März 2015,

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vom 1. April bis zum 22. August 2015,

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vom 10. September bis zum 19. Oktober 2015 und

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vom 27. April bis zum 30. Juli 2016 (insgesamt 525 Tage)

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Beschäftigungen aus. Außerdem war sie bis Ende 2016 im Inland

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vom 20. Oktober 2015 bis zum 26. Januar 2016 arbeitslos gemeldet,

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vom 27. bis zum 29. Januar 2016 arbeitsunfähig erkrankt,

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vom 30. Januar bis zum 30. März 2016 arbeitslos gemeldet,

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vom 31. März bis zum 10. Juni 2016 Teilnehmerin eines (geförderten) Integrationskurses (währenddessen am 11. April und vom 6. bis 10. Juni 2016 arbeitsunfähig erkrankt),

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vom 16. Juni bis 15. Juli 2016 arbeitsunfähig erkrankt und

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am 31. Juli 2016 arbeitsunfähig erkrankt.

Die Antragstellerin wohnt seit August 2016 zur Untermiete bei Herrn C R. Aufgrund eines schriftlichen Untermietvertrags schuldete sie ihm bis November 2016 eine monatliche Miete von 211,50 € (einschließlich Vorauszahlungen auf die Nebenkosten), ab dann von 279,50 €. Die Hauptmiete für die Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von ca. 46 m² betrug bis November 2016 423,87 € bruttowarm, seit Dezember 2016 562,81 €.

Der Beigeladene gewährte der Antragstellerin jedenfalls 2016 zeitweise Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II). Eine bis Ende Oktober 2016 laufende Leistungsbewilligung (Bescheid vom 20. Juli 2016) hob er durch Bescheid vom 29. August 2016 mit der Begründung auf, die Antragstellerin erfülle die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht mehr. Sie sei weder Arbeitnehmerin noch Selbstständige und von daher nicht als Angehörige eines EU-Staates freizügigkeitsberechtigt. Mit ihrem letzten Arbeitgeber habe sie zum 30. Juli 2016 einen Aufhebungsvertrag geschlossen und nach den eingereichten Lohnnachweisen im Juni 2016 nicht gearbeitet. Sie erfülle deshalb auch nicht die Voraussetzungen für den fortwirkenden Erhalt des Status___AMPX_‚_SEMIKOLONX___X des Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 3 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU). Schließlich habe sie aufgrund der Kürze ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland auch noch kein Daueraufenthaltsrecht erwor...

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