Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels. Rücknahme oder Aufhebung einer Leistungsbewilligung. Prüfung der Ermächtigungsgrundlage. Beweislast. Hilfebedürftigkeit. Bedarfsgemeinschaft. Einstandsgemeinschaft. eheähnliche Gemeinschaft. Beweislast bei Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte. Beweislastumkehr. Ermessen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II wird nicht dadurch berührt, dass die Behörde ihre im Ergebnis zutreffende Entscheidung auf die falsche Rechtsgrundlage (§ 48 SGB X statt § 45 SGB X) gestützt hat.
2. Hat der Antragsteller ein langjähriges Zusammenleben i.S.v. § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II gegenüber der Behörde verschleiert, so trägt er im Fall der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II die Beweislast dafür, dass seine Partnerin über kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfügt.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1, § 3 Nr. 3c, § 3 Abs. 3a Nr. 1, § 9 Abs. 1-2, § 39 Nr. 1, § 40 Abs. 1 Nr. 1; SGB III § 330 Abs. 2; SGB X § 20 Abs. 1-2, § 45 Abs. 1, 2 S. 3, § 48 Abs. 1 S. 1; SGG § 86a Abs. 3 S. 2, § 86b Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Aufhebung der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - ab dem 1. Januar 2009.
Der Antragsteller lebte seit mindestens 2005 (laut Verwaltungsvorgang des Antragsgegners seit Mai 2001) mit Frau K D in einer gemeinsamen Wohnung in der Rstr. in B. Nachdem der Antragsgegner im Jahr 2006 die Leistungsgewährung im Hinblick auf eine vermutete eheähnliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau D eingestellt und nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen die Einstellung gerichteten Widerspruchs die Zahlungen vorübergehend wieder aufgenommen hatte, schloss der Antragsteller ab 1. Juli 2007 einen Mietvertrag über eine Einzimmerwohnung in der Lstr. in B und meldete sich dort zum 1. Juli 2007 polizeilich an. Der Antragsgegner gewährte erneut Leistungen nach dem SGB II; zuletzt mit Bescheid vom 10. Oktober 2008 für den Zeitraum vom 01. November 2008 bis 30. April 2009.
Im Oktober 2008 teilte die Vermieterin des Antragstellers mit, dass die Wohnung vom Antragsteller offenbar nicht bewohnt werde. Die Wohnung habe im August 2008 zwangsgeöffnet werden müssen, weil im Rahmen von Sanierungsarbeiten deren Betreten erforderlich gewesen sei und kein Kontakt mit dem Mieter habe hergestellt werden können. Die Wohnung habe einen unbewohnten Eindruck gemacht, dort habe es nur einen Wandschirm, einen Sessel und zwei Körbe, aber keinen Hausrat gegeben. Der Antragsteller habe sich erst Wochen später die Schlüssel für das neue Schloss abgeholt. Bei Abbau des Gerüsts im Oktober 2008 sei der Zustand der Wohnung unverändert gewesen.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2008 hob der Antragsgegner die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab dem 1. Dezember 2008 auf, weil keine Anzeichen für einen gewöhnlichen Aufenthalt in der gemieteten Wohnung erkennbar seien und eine Hilfebedürftigkeit somit nicht festgestellt werden könne. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch trug der Antragsteller vor, er wohne bei einem Bekannten. Seine Wohnung sei seit November 2007 im Umbau und nicht bewohnbar gewesen. Auf Anfrage des Antragsgegners teilte die Vermieterin des Klägers mit, die Wohnung sei ausschließlich in der Zeit vom 25. August 2008 bis 05. September 2008 wegen Strangsanierungsarbeiten nicht bewohnbar gewesen. Im April 2008 seien an einem einzigen Tag die Fenster in der Wohnung ausgetauscht worden, Fassadenarbeiten seien von Juli 2008 bis Ende September 2008 durchgeführt worden, Anfang Oktober 2008 sei das Gerüst abgebaut worden. Am 17. Dezember 2008 führte der Antragsgegner einen Hausbesuch durch, der ohne Ergebnis verlief, weil der Antragsteller nicht angetroffen werden konnte.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 im Verfahren S 94 AS 38108/08 ER ordnete das Sozialgericht Berlin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2008 an, weil das Fehlen der Hilfebedürftigkeit nicht positiv festgestellt sei und insoweit die Beweislast beim Antragsgegner liege.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 2008, dem Antragsteller am selben Tag übergeben, hob der Antragsgegner die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab dem 1. Januar 2009 erneut mit der Begründung auf, dass keine Anzeichen für einen gewöhnlichen Aufenthalt in der gemieteten Wohnung erkennbar seien und eine Hilfebedürftigkeit somit nicht festgestellt werden könne.
Der Antragsteller hat am 2. Januar 2009 beim Sozialgericht Berlin Widerspruc...