Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast bei Feststellung der Hilfebedürftigkeit des § 9 SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Ein Aufhebungsbescheid über die Bewilligung von Leistungen des SGB 2 ist im vorläufigen Rechtsschutz aufzuheben, wenn bei summarischer Prüfung ernsthafte Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen.

2. Ist der Leistungsträger des SGB 2 im ursprünglichen Bewilligungsbescheid von der Hilfebedürftigkeit der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen, so tragen er und nicht die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft die Beweislast dafür wenn geltend gemacht wird, eine Hilfebedürftigkeit bestehe nicht mehr.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 10. September 2007 aufgehoben.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 1. August 2007 gegen den Bescheid vom 25. Juli 2007 wird angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die der Kosten des Antragstellers für beide Instanzen.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende über den 31. Juli 2007 hinaus.

Der 1943 geborene Antragsteller beantragte am 23. März/11. April 2005 erstmals Leistungen nach dem SGB II. Bei Antragstellung legte er den zwischen ihm und der Vermieterin Frau X. am 1. April 2005 geschlossenen Mietvertrag vor. Danach bewohnt der Antragsteller seit dem 1. April 2005 eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Parterre in der H.-Straße in L. zu einem Mietzins von 250 EUR inklusive Nebenkosten.

Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers vom 2. März 2007 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. März 2007 Leistungen vom 01. April bis 30. September 2007 in Höhe von € 581,82 monatlich. Mit Schreiben vom 31. Mai 2007 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, bis zum 17. Juni 2007 Einkommens- und Vermögensnachweise seiner unter gleicher Adresse wohnenden Vermieterin Frau X. vorzulegen, da (weiterhin) eine sog. eheähnliche Gemeinschaft vermutet werde. Nachdem die angeforderten Unterlagen nicht eingingen, entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 19. Juni 2007 die Leistungen unter Hinweis auf § 66 SGB I (fehlende Mitwirkung) mit Wirkung vom 01. Juli 2007. Mit Schreiben vom 19. Juni 2006 teilte der Antragsteller mit, dass er keinen Zugriff auf die Unterlagen von Frau X. habe. Die Antragsgegnerin wertete dies als Nachholung der Mitwirkung und hob den Aufhebungsbescheid mit Bescheid vom 21. Juni 2007. Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 forderte die Antragsgegnerin Frau X. unter Hinweis auf § 60 SGB II zur Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum 15. Juli 2007 auf. Telefonisch erklärte diese, sie werde die geforderten Auskünfte nicht erteilen; eine eheähnliche Gemeinschaft zum Antragsteller bestehe nicht. Frau X. sandte die Formulare unausgefüllt an die Antragsgegnerin zurück.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2007 hob die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung mit Wirkung ab 1. August 2007 unter Hinweis auf § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X, § 40 Abs. 1 SGB II und § 330Abs. 3 SGB III mit der Begründung auf, es sei ein Wegfall der Hilfebedürftigkeit eingetreten. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 1. August 2007 Widerspruch ein, über den eine Entscheidung noch nicht ergangen ist.

Am 8. August 2007 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Schleswig einen Eilantrag gestellt und mit eidesstattlicher Versicherung vom 3. August 2007 nochmals darauf hingewiesen, dass keine eheähnliche Partnerschaft zu Frau X. bestehe und er keinen Zugriff auf deren Unterlagen habe.

Der Antragsteller hat sinngemäß beantragt,

*1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 1. August 2007 gegen den Bescheid vom 25. Juli 2007 anzuordnen,

2. ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin E.-B. zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung hat sie sich auf den angefochtenen Bescheid bezogen und ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Einstandsgemeinschaft zu und mit Frau X. bereits seit dem 1. April 2005, dem Datum des Mietbeginns des Antragstellers, bestehe. Eine Nachfrage beim Einwohnermeldeamt habe ergeben, dass der Antragsteller bereits seit 1. November 2003 unter der Adresse H.-Straße gemeldet ist. Nach dem Hausbesuch vom 1. Dezember 2006 stehe zudem fest, dass der Antragsteller seine Wohnung nicht bewohne.

Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 10. September 2007 abgelehnt. Auf die Beschlussgründe wird verwiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 12. Oktober 2007 Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen bezogen. Ergänzend hat er ausgeführt, vor seinem Leistungsbezug habe er wegen Bauarbeiten an der von ihm zu beziehenden Wohnung im Keller gewohnt und dafür auch Miete gezahlt. Die weiter angeführten Indizien für das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft seien insgesamt nicht auss...

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