Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einholung der vorherigen Zusicherung des kommunalen Trägers zu den neuen Unterkunftskosten vor einem Umzug im Wege einstweiligen Rechtsschutzes. Vorliegen eines Anordnungsgrundes

 

Orientierungssatz

1. Die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II ist keine Voraussetzung für einen Anspruch auf die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung. Sie hat lediglich den Zweck, über die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so für den Hilfebedürftigen das Entstehen einer erneuten Notlage infolge der nur teilweisen Übernahme von Kosten zu vermeiden. Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr damit nicht zu. In diesem Sinne handelt es sich lediglich um eine Obliegenheit des Antragstellers gegen sich selbst.

2. Das Zusicherungsverfahren ist nicht als vorgezogenes Verfahren über tatsächliche Leistungen zu begreifen. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann daher nicht eine Zusicherung erlangt werden, welche im Falle der Stattgabe mit dem tatsächlichen Umzug des Antragstellers ihre Erledigung fände und ggf. später nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte.

3. Nach einem Umzug erfolgt eine Begrenzung der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung auf die Höhe der bisherigen Aufwendungen nur, wenn sich die Kosten nach einem nicht erforderlichen Umzug erhöhen.

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04. März 2009 werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat den Antragstellern auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft.

Die 1969 geborene Antragstellerin zu 1.) ist die Mutter der 1999 geborenen Antragstellerin zu 2.) und des 2001 geborenen Antragstellers zu 3.) Sie wohnen in einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung mit 68,69 m² Wohnungsgröße zu einer Gesamtmiete in Höhe von zuletzt 483,34 Euro. Für die Zeit ab dem 01. März 2009 bis 31. August 2009 wurden den Antragstellern mit Bescheid vom 16. Februar 2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 161,08 Euro bzw. 161,07 Euro bewilligt.

In der Vergangenheit haben sie mehrfach und mit unterschiedlichen Begründungen eine Zusicherung für einen Umzug beantragt. Zuletzt beantragten sie im Oktober 2008 die Zusicherung für einen Umzug in eine 78,33 m² große Wohnung in der A Allee in B mit einer Gesamtmiete in Höhe von 568,10 Euro und gaben als Grund eine Familienzusammenführung mit dem Vater der Antragsteller zu 2.) und 3.) an. Der Antragsgegner lehnte die Erteilung der Zusicherung zu den Aufwendungen dieser neuen Unterkunft mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2009 ab, weil ein Umzug nicht erforderlich sei. Die bisherige Wohnung sei auch für vier Personen ausreichend groß.

Dagegen haben die Antragsteller am 03. Februar 2009 Klage zum Sozialgericht Berlin (S 129 AS 3214/09) erhoben.

Am 17. Februar 2009 haben die Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beim Sozialgericht Berlin beantragt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, der Wohnungswechsel sei zur Familienzusammenführung erforderlich und die Kosten der neuen Unterkunft angemessen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners komme ein Einzug des Vaters der Antragsteller zu 2.) und 3.) in die bisherige Wohnung aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht. Zur Stützung dieses Vortrages wurde ein ärztliches Attest der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie W zu den Akten gereicht, in dem es u. a. hieß, der Vater der Antragsteller zu 2.) und 3.) sei erheblich in seiner Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit eingeschränkt und sehr stress- und lärmempfindlich. Er bedürfe einer ruhigen und stabilen Umgebung. Weil die bisherige Wohnung der Antragsteller durch Straßen- und Fluglärm erheblich belastet sei, sei es ihm aus nervenärztlicher Sicht nicht möglich, in die bisherige Wohnung der Antragsteller zu ziehen.

Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 04. März 2009 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch auf die begehrte Zusicherung sei nicht glaubhaft gemacht. Die Angemessenheit könne mangels näherer Angaben zu der im Antrag genannten Wohnung nicht beurteilt werden. Auch die Erforderlichkeit sei nicht glaubhaft gemacht. Das ärztliche Attest enthalte keine messbaren oder überprüfbaren Lärmpegel bzw. Schwellenwerte, die für den Vater unzumutbar wären. Wegen der fehlenden Erfolgsaussichten komme auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.

Gegen diesen am 09. März 2009 zugestellten Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller am 25. März 2009 unter Vertiefung des bisherigen Vorbringens Beschwer...

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