Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verfahren: Anforderungen an einen Überprüfungsantrag zur nachträglichen Überprüfung der Höhe von Sozialleistungen
Orientierungssatz
Will ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende rückwirkend die Höhe der Leistung durch den Leistungsträger im Rahmen eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB 10 überprüfen lassen, trifft ihn dabei eine Mitwirkungspflicht, aus der schon folgt, dass er im Überprüfungsantrag mindestens die zur Überprüfung gestellten Leistungsbescheide mit den zur Überprüfung gestellten Verfügungssätzen eindeutig benennt. Einen pauschalen Antrag auf Überprüfung des Verwaltungshandelns über einen längeren Bezugszeitraum ohne konkrete Anhaltspunkte für einen Abänderungsbedarf braucht der Leistungsträger dagegen nicht nachzugehen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 8. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist nicht begründet; die erstinstanzliche Rechtsverfolgung hat jedenfalls derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - iVm mit § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -), so dass die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) nicht zu beanstanden ist.
Zwar ist das Verfahren - S 31 AS 394/11 -, in dem ua der Kläger ebenfalls die Überprüfung aller Bescheide des Beklagten seit dem 1. Januar 2006 begehrt hatte, zwischenzeitlich durch den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) vom 8. Mai 2011, dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 9. Mai 2012, erledigt. Ein Rechtsmittel hiergegen hat der Kläger nach fernmündlicher Auskunft der Geschäftsstelle des SG vom heutigen Tage nicht eingelegt. Eine doppelte Rechtshängigkeit, die der Zulässigkeit der Klage im hiesigen Verfahren entgegenstehen würde (vgl § 202 SGG iVm § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz), liegt somit nicht (mehr) vor.
Indes sind in der Sache hinreichende Erfolgsaussichten jedenfalls derzeit nicht ersichtlich. Soweit der Kläger im Ergebnis seines Überprüfungsantrags letztlich höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) geltend machen sollte, steht dem für Leistungszeiträume bis zum 31. Dezember 2009 zwar nicht die Bestandskraft der Bescheide des Beklagten entgegen. Denn § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung ist nicht anwendbar, wenn der Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) - wie hier - vor dem 1. April 2011 gestellt worden ist (vgl § 77 Abs. 13 SGB II). Der Beklagte durfte aber im vorliegenden Fall auf den wiederholten Überprüfungsantrag des Klägers eine Sachprüfung der von dem Kläger nicht näher bezeichneten Bescheide ablehnen und sich auf die Bindungswirkung der bestandskräftigen Bescheide stützen. Der Kläger begehrt die Überprüfung des gesamten Verwaltungshandelns der Beklagten ihm gegenüber seit dem 1. Januar 2006, ohne die betreffenden Bescheide, wie dies bereits die einschlägige Regelung in § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf einen “Verwaltungsakt„ voraussetzt, zu benennen. Er stellt auch nicht klar, welche ohne weiteres bestimmbaren Verfügungssätze von Verwaltungsakten er zur Überprüfung des Beklagten stellt. Seine Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 8. März 2012 (- L 18 AS 513/12 B PKH -) geht fehl, weil der durch den hiesigen Bevollmächtigten ebenfalls vertretene Kläger des dortigen Verfahrens gerade klargestellt hatte, gegen welche konkreten Bescheide er sich wendet und inwieweit er deren Überprüfung erstrebt.
Zwischenzeitlich hat auch das Bundessozialgericht in einem gleich gelagerten Verfahren klargestellt, dass es nicht zweifelhaft sein kann, “dass ein derart weitreichendes Überprüfungsbegehren mit entsprechenden Mitwirkungserfordernissen beim Berechtigten korrespondiert„ (vgl Beschluss vom 14. März 2012 - B 4 AS 239/11 B - juris; vorhergehend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. September 2011 - L 29 AS 728/11 -). Sofern der Kläger diesem Mitwirkungserfordernis nachkommen sollte, steht es ihm frei, einen erneuten PKH-Antrag zu stellen, in dessen Rahmen das SG dann im Einzelnen prüfen kann, ob hinreichende Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung bestehen. Es kann aber jedenfalls derzeit nicht Aufgabe des SG sein, quasi “ins Blaue hinein„ das gesamte Verwaltungshandeln des Beklagten seit 1. Januar 2006 auf mögliche rechtswidrige Verfügungssätze in den ergangenen Verwaltungsakten zu untersuchen.
Eine Kostenerstattung ist im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Fundstellen