Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsgenehmigung nach PsychV. Fachgebietsgrenzen nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin (WBO). kein Verstoß gg Art. 3 GG
Orientierungssatz
1. Nach § 92 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6a SGB 5 i. V. m. § 39 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (PsychRL) setzt die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für die analytische Psychotherapie bei Erwachsenen die Gebietsbezeichnung Psychiatrie und Psychotherapie voraus.
2. § 2 Abs. 4 S. 3 der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin (WBO) legt hierzu in zulässiger Weise fest, dass die Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch die Zusatz-Weiterbildungen nicht erweitert werden können.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. August 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für die analytische Psychotherapie bei Erwachsenen.
Die Klägerin ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin sowie Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und nimmt seit dem 1. April 2012 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Am 19. Juli 2017 erwarb sie bei der Ärztekammer B die Zusatzbezeichnung Psychoanalyse nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin (WBO).
Der Klägerin wurde im Rahmen ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit in der Praxis in der A Str. in B eine Abrechnungsgenehmigung für die Durchführung von Leistungen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie als Einzelbehandlung bei Kindern und Jugendlichen (Genehmigung vom 26. April 2012) sowie in der Praxis in der Bstr. , B die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der analytischen Psychotherapie als Einzelbehandlung bei Kindern, Jugendlichen Heranwachsenden (Genehmigung vom 21. August 2018) erteilt.
Am 1. August 2017 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für die Durchführung psychoanalytischer Leistungen bei Erwachsenen. Sie halte die Erweiterung ihres Angebots auf Erwachsene bei bestimmten Indikationen für sinnvoll.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. August 2017 ab. Die Klägerin sei als Fachärztin im Gebiet Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie anerkannt. Die Behandlung von Erwachsenen würde eine Erweiterung der Gebietsgrenze der fachärztlichen Tätigkeit bedeuten. Gem. § 2 Abs. 4 S. 3 WBO könne die Gebietsgrenze fachärztlicher Tätigkeiten nicht durch eine erworbene Zusatzbezeichnung erweitert werden. Auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könnten Fachgebietsumgrenzungen weder durch besondere persönliche Qualifikation oder Sondergenehmigungen zur Erbringung/Abrechnung weiterer Leistungen noch durch die berufsrechtliche Berechtigung zur Führung von Zusatzbezeichnungen erweitert werden.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, dem sie ein Zeugnis des B Instituts für Psychotherapie und Psychoanalyse e.V. () beilegte, wo sie berufsbegleitend an einer psychoanalytischen Weiterbildung teilgenommen hatte. Sie habe im Rahmen der Weiterbildung ausreichend Erfahrung in der psychoanalytischen Behandlung Erwachsener sammeln können. Zudem sei sie in ihrer 5-jährigen Weiterbildungszeit als Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie auch in die psychiatrische Behandlung von Erwachsenen mit einbezogen worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2018 zurück. Der Klägerin fehle die fachliche Befähigung nach § 7 Psychotherapievereinbarung (PsychV), da sie als Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie zugelassen sei. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Genehmigung für die Erbringung fachfremder Leistungen nicht zu erteilen.
Am 14. Dezember 2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Die Klägerin trägt vor, dass ein Bedarf der Behandlung für bestimmte Erwachsenengruppen bestehe. Dieser sei gegeben bei Erwachsenen mit schweren Persönlichkeitsstörungen und psychosenahen Zuständen durch fortwirkende in früher Kindheit erlittene Traumata, bei auch im Erwachsenenalter nicht altersgemäßem Entwicklungsstand, bei Heranwachsenden, für die aufgrund komplexer psychiatrischer Problematik die für Jugendliche vorgesehenen Behandlungsstunden nicht ausreichten, und wenn bei einem Elternteil ein zusätzlicher psychotherapeutischer Bedarf bestehe. Die Gebietsdefinition nach § 2 Abs. 2 WBO sei extensiv auszulegen. Durch die Erteilung der Abrechnungsgenehmigung für analytische Psychotherapie habe die Beklagte festgestellt, dass die Klägerin nach § 5 Abs. 4 PsychV qualifiziert sei. Für die Klägerin als ärztliche Psychotherapeutin sei auch nicht § 7 Abs. 6 PsychV, sondern § 5 PsychV entscheidend. Die Klägerin sei nach der WBO Nr. 37 zum Führen der Zusatzbezeichnung Psychoanalyse berechtigt. Für diese sei...