Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Nichtzulässigkeit einer Beschwerdezulassung. Ausschluss der Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache wegen Nichterreichens des Grenzstreitwertes von 750.- €. die Berufung nicht zulässig wäre. Damit ist sichergestellt, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht gegenüber denjenigen im Hauptsacheverfahren privilegiert werden.

2. Eine gesonderte Zulassungsbefugnis für das Beschwerdeverfahren ist § 177 Abs. 3 S. 1 SGG nicht zu entnehmen.

 

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2009 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Antragsteller wendet sich mit einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2009, mit dem ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.

Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht statthaft.

Nach § 172 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der seit dem 1. April 2008 geltenden und hier anzuwendenden Fassung des Art. 1 Nr. 29 b) und Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) ist die Beschwerde ausgeschlossen,

1. in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre,

2. gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,

3. gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG,

4. gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 2 SGG, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Hier liegt ein die Beschwerde ausschließender Fall von § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG vor, denn in der Hauptsache wäre die Berufung nicht zulässig. Vorliegend ergibt sich insgesamt - wie in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt - ein unter der gesetzlichen Grenze von 750 € liegender Streitwert von maximal 420 €. Im Streit sind somit auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr und mindestens 780 €, wie von dem Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 10. Juni 2009 unter Hinweis auf einen Bescheid des Antragsgegners vom 7. April 2009 behauptet. Zum einen betrifft dieser Änderungsbescheid vom 7. April 2009 den Bewilligungszeitraum vom 1. Mai 2009 bis 31. Oktober 2009, sodass daraus ein maximaler Beschwerdewert von 390 € folgen kann (65 € x 6 Monate), zum anderen ist dieser Bescheid durch weitere Änderungsbescheide des Antragsgegners vom 6. Mai 2009 dahingehend geändert worden, dass der monatliche Aufrechnungsbetrag auf 35 € herabgesetzt worden ist.

Ausnahmen hat der Gesetzgeber zu § 172 Abs. 3 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung nicht zugelassen. Insbesondere liegen auch die Voraussetzungen für eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 145 SGG nicht vor.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der oben näher bezeichneten Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss durch das Landessozialgericht, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- und Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € nicht übersteigt. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Wortlaut der Vorschrift macht schon hinreichend deutlich, dass § 144 SGG “nur„ auf die Nichtzulassung einer Berufung, nicht aber auf die Nichtzulassung einer Beschwerde anwendbar ist. Mangels zulässiger Berufung ist mithin auch die Beschwerde unzulässig. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht dadurch, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Beschlusses auf die Möglichkeit der Beschwerde für den Antragsteller hingewiesen wird. Denn damit ist die Beschwerde nicht zugelassen.

Eine entsprechende Anwendung dieser Norm auf das Beschwerdeverfahren würde im Übrigen im Widerspruch zum Gesetzeszweck des § 172 Abs. 3 SGG stehen und kommt hier deswegen nicht in Betracht. Ziel des Gesetzes vom 26. März 2008 (a. a. O.) ist nämlich u. a. eine nachhaltige Entlastung de...

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