Orientierungssatz

1. Bei der Beurteilung einer eheähnlichen Gemeinschaft ist regelmäßig auf das Bestehen einer gemeinsamen Wohnung und die Dauer des Zusammenlebens abzustellen. Werden von beiden Partnern alle Zimmer der Wohnung gemeinsam genutzt und verfügt ein Partner über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen, so besteht eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft.

2. Für das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft genügt, dass ein Partner den Lebensunterhalt des anderen ergänzend sichert.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I Die Jahre alte Antragstellerin (Ast) war bis zum 02. Mai 2005 in einer ABM beschäftigt. Am 6. April 2005 beantragte sie, ihr Arbeitslosengeld II (Alg II) zu gewähren. Dabei gab sie in der entsprechenden Formblattrubrik durch Ankreuzen an, sie lebe mit dem -jährigen GD seit dem Jahre 2004 in eheähnlicher Gemeinschaft. Frei formuliert bezeichnete sie GD als Lebensabschnittsgefährten. Er bezieht eine Knappschaftsaltersrente in Höhe von 1037,89 €. Die Ast lebt mit ihm zusammen in einer 2-Zimmer-Wohnung, die 43,36 qm groß ist, Mieter der Wohnung ist allein GD. Die Unterkunftskosten betragen 262,75 €

Mit Bescheid vom 19. Mai 2005 lehnte die Antragsgegnerin (Ag) den Antrag ab. Die Ast sei nicht hilfebedürftig, da sie Einkommen (aus der ABM-Beschäftigung) habe. Den Widerspruch der Ast, mit dem sie ausgeführt hatte, der Bescheid sei nicht nachvollziehbar begründet, wies die Ag mit Bescheid vom 11. Juli 2005 zurück, mit dem sie Bedarf und Einkommen ausgehend von einer Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Ast und GD berechnete.

Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 26. Juli 2005 hat die Ast geltend gemacht, eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe nicht. Sie liege nach der Rechtsprechung nur vor, wenn die Beteiligten drei Jahre zusammenlebten; hier betrage die Zeitspanne aber erst 10 Monate. Sie habe sich, solange sie ein Einkommen gehabt habe, hälftig an Miete sowie Energie- und Telefonkosten beteiligt. Dies sei ihr nun nicht mehr möglich. Der Mietvertrag laufe auf den Namen des Partners, ebenso die Hausratversicherung. Sie sei nur Untermieterin. Es bestehe eine getrennte Haushaltsführung. Über Einkommen und Vermögensgegenstände des GD könne sie nicht verfügen. Es gebe keinen stichhaltigen Hinweis, dass ein gegenseitiges füreinander Einstehen in Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden könne. GD befinde sich derzeit allein im Urlaub. Er habe geäußert, dass er sie finanziell dauerhaft nicht unterstützen werde. Die Bescheide der Ag seien bereits deshalb aufzuheben, weil in ihnen unzutreffend zugrunde gelegt werde, sie erziele weiterhin Einkommen. Auf Rückfrage des Sozialgerichts (SG) hat sie mitgeteilt, sie lebe derzeit von geringfügigen Ersparnissen und kleineren (Sach-) Zuwendungen von Verwandten und Freunden. Als “eheähnliche Gemeinschaft„ habe sie die Verhältnisse bezeichnet, weil das Antragsformular keine Alternative (wie “Lebensgemeinschaft„/“Partnerschaft„/“Freundschaft„) enthalten habe. GD und sie bildeten eine Haushalts- aber keine Wirtschaftsgemeinschaft. Ein Untermietvertrag bestehe nicht, Erläuterungen zur getrennten Haushaltsführung könnten nicht gegeben werden.

Die Ag hat geltend gemacht, die Ast habe selbst angegeben, mit GD in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht mehr zutreffen solle. Die Dauer des Zusammenlebens sei nur ein Indiz, das im Einzelfall nicht gegeben sein müsse. Sie reicht einen Ermittlungsbericht betreffend einen Hausbesuch am 28. August 2005 (VOAR J) ein, auf den Bezug genommen wird.

Mit Beschluss vom 16. September 2005 hat das SG Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Die Beweisanzeichen dafür, dass die Ast mit GD in eheähnlicher Gemeinschaft lebe, seien ausreichend. Dies habe die Ast so angegeben, der Hausbesuch habe ergeben, dass keine getrennte Haushaltsführung bestehe. Es gebe keinen Untermietvertrag und die Ast sei in der Hausratsversicherung des Lebensgefährten mitversichert. Dieser sichere nach den Angaben gegenüber dem Außendienst der Ag im Wesentlichen den Lebensunterhalt der Ast, so dass angesichts der Lebensumstände gerade von einer Vertiefung und Verfestigung der Einstehensgemeinschaft auszugehen sei.

Mit ihrer Beschwerde wiederholt und vertieft die Ast ihr Vorbringen. Soweit GD ihr Nothilfe leiste und ihr ermögliche “auf Pump„ zu leben, dürfe dies nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, es bestehe eine Gemeinschaft, die durch gegenseitiges füreinander Einstehen gekennzeichnet sei. Vielmehr sei GD nach wie vor an seinem Einkommen und Vermögen allein berechtigt und könne die Unterstützung jederzeit einstellen.

Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 26. Januar 2006 den erneuten Leistungsantrag der Ast vom 20. Januar 2006 abgelehnt.

Verwaltungs- und Gerichtsakte haben bei der Entscheidung ...

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