Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Vorliegen einer Berufskrankheit. durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung. BK 4301. Bemessung des Grades der MdE nach dem sogen. "Reichenhaller Merkblatt". Mehlstauballergie eines Bäckers
Orientierungssatz
1. Die Bemessung des Grades der MdE im Rahmen des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze trifft.
2. Im Hinblick auf eine Gleichbehandlung aller Versicherter sind Begutachtungsempfehlungen und Konsenspapiere heranzuziehen, für die Erkrankung der durch Mehlstaub bedingten chronische Sinusitis und des chronischen Mehlstaub-Asthma eines Bäckers ist dies das sog. “Reichenhaller Merkblatt„, Begutachtungsempfehlungen für die BKen der Nrn. 1315 (ohne Alveolitis), 4301 und 4302 der Anlage zur BKV, herausgegeben vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen einer anerkannten Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - (BK 4301).
Der 1966 geborene Kläger war seit 1983 als Bäcker beschäftigt. Im Jahr 2001 trat erstmals Arbeitsunfähigkeit wegen akuter Sinusitis und akuter Bronchitis ein. Nach einer erneuten annähernd drei Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit wegen einer Bronchitis und chronischen Rhinitis im Jahr 2003 informierte die vom Kläger im Herbst 2003 wegen Hauterscheinungen aufgesuchte Hautärztin Dr. R die Beklagte im Oktober 2003, dass beim Kläger eine Rhinitis allergica bestehe und die von ihr durchgeführten Testungen eine Mehlstauballergie ergeben hätten. Ab dem 04. November 2003 war der Kläger wegen verschiedener Erkrankungen, u. a. Hauterscheinungen, Hypertonie, Hausstaubmilbenallergie und Asthma bronchiale bis zum 15. November 2004 und dann vom 03. Februar bis zum 02. März 2005 wegen einer anderen akuten Infektion der oberen Atemwege sowie einer Dermatitis arbeitsunfähig. Ab dem 16. November 2004 absolvierte der Kläger eine von der Beklagten als Leistung zur Teilhabe gewährte Qualifikation zur Werkschutzfachkraft.
Die Beklagte holte zunächst Behandlungsberichte von dem Internisten Dr. H vom 13. November 2003 und der Hals-Nasen-Ohrenärztin Dr. K vom 12. November 2003 nebst einem Entlassungsbericht des Bkrankenhauses B vom Juli 2003 (Diagnosen: chronische Sinusitis maxillaris, chronische Sinusitis ethmoidalis, chronisches Asthma bronchiale, essentieller Hypertonus) ein, des Weiteren zog sie ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK Brandenburg und Berlin vom 24. November 2003 bei.
Im Auftrag der Beklagten erstellte der Internist und Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S am 08. März 2004 ein fachärztliches Gutachten über den Kläger (Untersuchungen am 19. und 20. Februar 2004), in dem er zu dem Schluss gelangte, bei dem Kläger bestehe eine BK 4301. Seit Beendigung der Berufstätigkeit vor drei bis vier Monaten liege Beschwerdefreiheit vor ohne ständige Medikationspflichtigkeit. Die kardiopulmonale Untersuchung habe keine krankheitswertigen Befunde ergeben. Eine unspezifische Hyperreaktivität könne ebenso ausgeschlossen werden wie eine belastungsinduzierte Gasaustauschstörung. Unabhängig von den beruflich verursachten Gesundheitsstörungen lägen ein arterieller Hypertonus, ein Zustand nach Leistenbruchoperation sowie ein leichtes Übergewicht mit leichter Hypercholesterinämie vor. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei angesichts der Beschwerdefreiheit nicht anzusetzen. Mit Bericht vom 14. Oktober 2004 teilte Dr. R der Beklagten mit, seit Tätigkeitsaufgabe seien die Hauterscheinungen abgeheilt. Asthmatische Beschwerden träten nur noch im Frühjahr und bei feuchter Witterung auf.
Mit Bescheid vom 03. Dezember 2004 erkannte die Beklagte bei dem Kläger eine BK 4301 an. Als Folgen der BK wurden “berufsbedingtes Asthma bronchiale und allergische Rhinitis, bei nachgewiesener Sensibilisierung gegenüber Mehlen„ anerkannt. Ein Anspruch auf Verletztenrente wurde abgelehnt. In seinem Widerspruch trug der Kläger unter anderem vor, er benötige eine ständige Medikation. Die Beklagte zog daraufhin von Dr. H die Ergebnisse aktueller Lungenfunktionstests vom 02. November 2004 bei. Nachdem der beratende Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. L in einer Stellungnahme vom 11. April 2005 aus...