Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenbeitrag für sozialpädagogische Einzelfallhilfe bzw. Sozialassistenz" beim Schulbesuch. hinreichende Erfolgsaussicht. Erforderlichkeit anwaltlicher Vertretung auch bei "Bagatellstreitwert". Erforderlichkeit anwaltlicher Vertretung auch bei "Bagatellstreitwert" zur Klärung des schwierigen Begriffs der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung

 

Orientierungssatz

1. Die Klage gegen einen auf § 92 Abs. 1 SGB 12 gestützten Bescheid, mit dem von der gesetzlichen Vertreterin ein Kostenbeitrag für ein hilfebedürftiges behindertes Schulkind zu Leistungen verlangt worden ist, die mit Sozialassistenz als Einzelfallhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe bezeichnet worden sind, hat bezüglich der beantragten Prozesskostenhilfe hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn geltend gemacht wird, bei der Leistung handle es sich um Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, für die nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 SGB 2 keine Kostenbeteiligung, sondern nur die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten ist, denn die Auslegung dieses Begriffs ist rechtlich nicht einfach und obergerichtlich bislang nur vereinzelt erörtert.

2. Für die Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO hat der Streitwert nur eine untergeordnete Bedeutung; bedürftigen Rechtsschutzsuchenden kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts bei geringem Streitwert ("Bagatellenstreitwert") nicht generell verweigert werden; eine Vertretung ist mindestens dann erforderlich, wenn es sich um eine schwierige Rechtsfrage handelt und die gleiche Rechtsfrage voraussichtlich auch in Zukunft erneut streitig werden wird.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2009 aufgehoben. Ihr wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt B. R., Berlin, beigeordnet.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beklagte hatte für die im Jahr 2000 geborene Hilfebedürftige ab dem 19. Januar laufend die Kostenübernahme für eine sozialpädagogische Einzelfallhilfe mit einem Umfang von 12 Wochenstunden bewilligt. Ein Kostenbeitrag war dafür zunächst nicht erhoben worden.

Nach den Sommerferien 2006 wurde die Hilfebedürftige, die zuvor einen Kindergarten besucht hatte, eingeschult. Auf Grund eines zwischen der Klägerin - der gesetzlichen Vertreterin der Hilfebedürftigen - und dem Beklagten geschlossenen “Vertrag über die Aufnahme und Teilnahme von Schülern an einer ergänzenden Betreuung an Grundschulen„ ist bis zum Ende der 4. Klasse eine ergänzende Betreuung der Hilfebedürftigen durch die Grundschule sowohl während der Schulzeit als auch in den Schulferien abgesichert; hierfür ist eine Kostenbeteiligung zu leisten.

Durch Bescheid vom 8. August 2006, gerichtet an “Familie S„ bewilligte der Beklagte für die Hilfebedürftige ab 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 die Kostenübernahme für die nun als “Sozialassistenz„ bezeichnete, inhaltlich aber unveränderte Leistung. Zugleich setzte er für den Monat August 2006 gegenüber “den Eltern„ der Hilfebedürftigen einen Kostenbeitrag von 258,-- € fest. Die Assistenzstunden wurden, mit Ausnahme einer Hospitation der Einzelfallhelferin in der Schule, an den Nachmittagen abgehalten.

Dem Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich gegen die Festsetzung des Kostenbeitrags wandte, half der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom Oktober 2006 insoweit ab, als er den Kostenbeitrag für den Monat August 2006 auf 78,50 € festsetzte. Der Widerspruchsbescheid wurde bestandskräftig. Für die weitere Dauer der Bewilligung der Sozialassistenz wurden Kostenbeiträge nicht festgesetzt (Bescheid vom 31. Oktober 2006).

Durch Bescheid vom 1. Februar 2007, wiederum gerichtet an “Familie S„ bewilligte der Beklagte dann die Kostenübernahme für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 31. Juli 2007. Ein Kostenbeitrag wurde ausweislich des Bescheids nach Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht erhoben. Dem Beklagten lag bei seiner Entscheidung eine Stellungnahme der C-S-Schule vom 30. Januar 2007 zum Antrag auf Weiterbewilligung der Eingliederungshilfe vor.

Gegen den Bescheid vom 1. Februar 2007 legte die Klägerin Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Leistung nicht der richtigen Rechtsgrundlage zugeordnet worden sei. Es handle sich - anders als vom Beklagten angegeben - nicht um eine Hilfe zur Teilhabe an der Gemeinschaft, sondern um eine heilpädagogische Hilfe zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile, insbesondere um den Schulbesuch zu erleichtern.

Der Beklagte holte daraufhin eine Auskunft der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport über den Umfang der sonderpädagogischen Förderung durch die von der Hilfebedürftigen besuchte Schule ein, die mit Datum des 29. März 2007 erteilt wurde.

Durch Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2007, gerichtet an “Familie G S„ wies der Beklagte anschließend den Widerspruch zur...

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