Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Mietschulden durch den Grundsicherungsträger durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Mietschulden können vom Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 5 S. 2 SGB 2 übernommen werden, wenn sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

2. Sind die Mieter nicht in der Lage, die genaue Höhe der Mietschulden zu beziffern, so kommt eine Schuldenübernahme durch den Grundsicherungsträger nicht in Betracht. Die unbekannte Höhe der Mietschulden steht einer Ermessensentscheidung entgegen, weil wirtschaftliche Erwägungen nicht möglich sind.

3. Eine Übernahme von Mietschulden ist nicht gerechtfertigt, wenn gleichwohl der Verlust der Wohnung nicht mehr abgewendet werden kann.

4. Eine drohende Wohnungslosigkeit fällt umso schwerer ins Gewicht, als davon besonders schutzbedürftige minderjährige Kinder betroffen sind. Ein Rechtssatz, bei Vorhandensein minderjähriger Kinder seien Schulden nach § 22 Abs. 5 S. 1 SGB 2 immer zu übernehmen, existiert jedoch nicht.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2009 wird zurückgewiesen.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2009 zur Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Mietschulden in Höhe von 2729,18 € als Darlehen.

Die Antragsteller bezogen Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Jobcenter Berlin Friedrichshain- Kreuzberg. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 wurde ihnen insbesondere für den Monat Dezember 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1226,16 € unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 588,16 € bewilligt. Die Leistungsbewilligung wurde vom JobCenter Berlin Friedrichshain- Kreuzberg mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 ab dem 1. Januar 2007 aufgehoben, nachdem die Antragsteller ausweislich des Mietvertrages vom 24. November 2006 in der B. im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners ab dem 1. Dezember 2006 eine Dreizimmerwohnung mit rund 75 m² Wohnfläche zu einem Mietzins von monatlich 603,13 € (Warmmiete) angemietet hatten.

Auf ihren Antrag vom 14. Dezember 2006 bewilligte der Antragsgegner ihnen ab dem 1. Januar 2007 fortlaufend Leistungen nach dem SGB II in Höhe von zunächst monatlich 1270,89 € einschließlich der Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Kosten für Unterkunft und Heizung zahlte der Antragsgegner zunächst direkt an die Vermieterin. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2008 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 30. April 2009 Leistungen nach dem SGB II in monatlicher Höhe von 1343,65 € einschließlich der Kosten der Unterkunft in Höhe von 597,65 € und zahlte auch die Kosten für Unterkunft und Heizung an die Antragsteller.

Im Januar 2009 beantragte die Antragstellerin zu 1) bei dem Antragsgegner insbesondere die Übernahme von Kosten für Schulmaterial, die Übernahme der Kosten einer Beschneidung und “Wohngeld„. Ebenfalls im Januar 2009 hörte der Antragsgegner die Antragsteller zu einer beabsichtigten Rückforderung von Leistungen an, nachdem eine im September 2008 erfolgte Arbeitsaufnahme des Antragstellers zu 2) nicht mitgeteilt worden war. Mit Schreiben vom 2. Februar 2009 beantragte die Antragstellerin zu 1) erneut die Kosten für Unterkunft und Heizung direkt an die Hausverwaltung zu zahlen.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2009 kündigte die Vermieterin wegen Zahlungsverzugs mit einer Forderung in Höhe von 1670,90 € den Mietvertrag außerordentlich. Mit Schreiben vom 24. Februar 2009 schlug die Vermieterin zur Tilgung der Mietrückstände eine Ratenvereinbarung vor, nach der monatliche Raten in Höhe von 100 € zu zahlen sind und der Mietrückstand solange als gestundet gilt. Diese Vereinbarung unterzeichnete die Antragstellerin zu 1) am 25. Februar 2009 und die Vermieterin bestätigte daraufhin mit Schreiben vom 10. März 2009, dass das Mietverhältnis fortgesetzt würde.

Die anwaltlich vertretenen Antragsteller beantragten ebenfalls am 25. Februar 2009 bei dem Antragsgegner die Übernahme der Mietrückstände. Es seien noch die Miete für Dezember 2006, Betriebskosten für 2007 in Höhe von 199,78 €, die Miete für Februar 2009 sowie die Kosten für die Reparatur einer Tür offen.

Mit Bescheid vom 25. März 2009 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Mietschulden ab, weil die Wohnung insgesamt nicht angemessen sei. Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller am 8. April 2009 Widerspruch, der vom Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2009 zurückgewiesen wurde. Die monatlichen Kosten der Unterkunft seien vom Antragsgegner in voller Höhe jeweils an die Antragsteller bewilligt und ausgezahlt worden. Diese Mittel hätten sie aber nicht zweckgerichtet verwendet. Im Übrigen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge