Entscheidungsstichwort (Thema)
Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der vorrangigen Leistungs- bzw. Gestaltungsklage - sozialgerichtliche Feststellungsklage - arbeitsgerichtliche Leistungsklage
Orientierungssatz
1. Die Subsidiarität der Feststellungsklage ist im SGG nicht ausdrücklich geregelt. Sie gilt aber auch für das sozialgerichtliche Verfahren (BSG Urteil vom 8. 5. 2007, B 2 U 3/06 R). Der Subsidiaritätsgrundsatz gilt auch dann, wenn die vorrangige Leistungs- oder Gestaltungsklage nicht auf dem Sozialrechtsweg zu erheben wäre (BVerwG Beschluss vom 19. 3. 2014, 6 C 8/13).
2. Begehrt der Kläger mit der zum Sozialgericht erhobenen Klage die Feststellung, dass seine Ansprüche für Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung und Abfindung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber nicht gemäß § 115 SGB 10 auf den Grundsicherungsträger übergegangen sind und Zahlungen, welche dieser an den Grundsicherungsträger geleistet hat, an ihn zu erbringen sind, so sind diese Fragen inzident im Rahmen eines bei einem Arbeitsgericht bereits anhängigen Verfahrens zu klären.
3. Damit besteht für die von dem Kläger zum Sozialgericht erhobene Feststellungsklage kein Feststellungsinteresse und infolgedessen kein Rechtschutzbedürfnis.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Ablehnung seines Antrages auf Prozesskostenhilfe durch den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2021 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass seine Ansprüche für Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung und Abfindung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber für den Monat Dezember 2019 und wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Dezember 2019 nicht gemäß § 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf den Beklagten übergegangen sind und Zahlungen, die sein ehemaliger Arbeitgeber für Arbeitsentgelt für den Monat Dezember 2019 an den Beklagten geleistet hat, an ihn zu zahlen sind. Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, dass die Feststellung, dass ein Anspruchsübergang für Dezember 2019 nicht erfolgte, erforderlich sei, da er seine noch bestehenden Ansprüche in dem rechtshängigen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin zum Geschäftszeichen 38 Ca 3665 / 20 sonst nicht weiter betreiben könne. Rechtsgründe, sein Arbeitsentgelt für Dezember 2019 zu vereinnahmen, bestünden für den Beklagten mangels Leistungserbringung für Dezember 2019 nicht.
Mit Beschluss vom 27. Oktober 2021 hat das Sozialgericht Berlin den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für die erhobene Anfechtungsklage bereits kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Auch für den Fall, dass die begehrte Feststellung getroffen werde, erlange der Kläger hierdurch keinen rechtlichen Vorteil. Sämtliche aus dem Arbeitsverhältnis für Dezember 2019 resultierende Ansprüche seien im Januar 2020 fällig und damit auf die Leistungen des Beklagten anzurechnen. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Denn die Voraussetzung für einen Forderungsübergang seien erfüllt. Gemäß § 115 Abs. 1 SGB X gehe der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über, soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfülle und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht habe. Vorliegend habe der ehemalige Arbeitgeber des Klägers dessen im Jahr 2020 fälligen Arbeitslohn für Dezember 2019 nicht gezahlt, weshalb er hilfebedürftig wurde und weswegen der Beklagte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erbracht habe.
Am 1. November 2021 hat der Kläger gegen die vorgenannte Entscheidung Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass für die im Arbeitsgerichtsverfahren im Streit stehenden Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers derzeit keine Fälligkeit bestehe. Diese sei vielmehr vom Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abhängig. Der ehemalige Arbeitgeber habe mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte unstreitig fehlerhaft angezeigt habe, dass Ansprüche wegen Leistungen für Dezember 2019 bereits übergeleitet seien, wohl zu Recht eingewandt, dass der Kläger zur Geltendmachung dieser Ansprüche keine Aktivlegitimation habe. Auf bereits im Dezember 2019 gestellte Sozialhilfeanträge habe der Beklagte keine Leistungen erbracht. Leistungsbeginn sei im Januar 2020 gewesen, so dass für den Monat Dezember 2019 keine Ansprüche auf den Beklagten übergeleitet worden seien und der Kläger demnach aktivlegitimiert die arbeitsrechtlichen Ansprüche im Arbeitsgericht im Verfahren geltend machen könnte, wenn nicht die fehlerhafte Überleitungsanzeige des Beklagten vorliegen würde. Daher bestehe auch ein Feststellungsinteresse daran, dass die arbeitsrechtlichen Ansprüche aus dem Monat Dezember 2019 nicht übergeleitet worden seien. Ob der Kläger nach Beendigung des arbeitsrechtlichen Verfahrens tatsächlich Zahlungen auf dann titulierte Ansprüche v...