Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. erledigte Untätigkeitsklage nach § 88 SGG. keine Rechtsmissbräuchlichkeit. Erhebung der Anfechtungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Rechtsmissbräuchlichkeit, wenn nach eingetretener Erledigung durch Erteilung des Widerspruchsbescheides das Klageverfahren wegen Untätigkeit beendet und eine Anfechtungsklage erhoben wird.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten noch über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Verfahren vor dem Sozialgericht.

Mit Bescheid vom 11. August 2005 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme für eine Einzelfallhilfe während der Schulzeit des Klägers für das Schuljahr 2005/06 in der Grundschule T ab. Hiergegen erhob der Kläger am 15. August 2005 (Eingang bei dem Beklagten) Widerspruch. Nach Vortrag des Klägers teilte der Beklagte mit Schreiben vom 18. August 2005 mit, dass die Prüfung noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde (ein solches Schreiben befindet sich nicht bei den Verwaltungsvorgängen). Am 07. Dezember 2005 und mit Schreiben vom 18. Januar 2006 erinnerte der Kläger an die Bescheidung des Widerspruchs. Mit Schreiben vom 30. Januar 2006 verwies der Beklagte darauf, dass mit Beschlüssen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren des Sozialgerichts Potsdam vom 04. August 2005 und des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. November 2005 darüber entschieden worden sei, dass der Sozialhilfeträger bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren 20 Wochenstunden Einzelfallhilfe zu gewähren habe. Diese würden - wie bisher - mit 6 Euro vergütet. Das Hauptsacheverfahren bleibe abzuwarten.

Am 30. Januar 2006 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch vom 14. August 2005 gegen den Bescheid vom 11. August 2005 zu entscheiden und die Kosten für die Einzelfallhilfe zu einem Stundensatz vom 15 Euro zu übernehmen.

Nachdem der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11. August 2005 zurückgewiesen hatte, hat der Kläger am 24. Februar 2006 den Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Klage sei nach mehr als drei Monaten eingereicht worden. Der Beklagte habe ohne zureichenden Grund nicht innerhalb der Frist über den Widerspruch entschieden, sondern erst nach fünf Monaten.

Der Beklagte hat zunächst angeregt, den Bescheid vom 11. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 zum Gegenstand des Verfahrens zu machen und der gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Weiter hat er geltend gemacht, dass außergerichtliche Kosten des Klägers von ihm nicht zu erstatten seien. Wenn nach Erlass und Kenntnis des ablehnenden Widerspruchsbescheides der Rechtsstreit für erledigt erklärt werde, müsse davon ausgegangen werden, dass die Übernahme der Kosten der Einzelfallhilfe zu einem Stundensatz von 15 Euro nicht mehr begehrt werde. Der Kläger habe beim Sozialgericht Potsdam zu dem für erledigt erklärten Rechtsstreit mit gleichem Streitgegenstand erneut Klage erhoben. Der Rechtsstreit habe sich nicht erledigt, was letztlich mit der neuen Klage deutlich werde. Es wäre sachdienlich gewesen, den ablehnenden Widerspruchsbescheid in den Klageantrag des hiesigen Verfahrens einzubeziehen und das Begehren im Wege der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage weiterzuführen. Die Erhebung einer neuen Anfechtungsklage nach Erledigung des bereits anhängigen Verfahrens sei rechtsmissbräuchlich.

Mit Beschluss vom 07. Juni 2006 hat das Sozialgericht den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zur Hälfte zu erstatten. Der mit dem Klageantrag vom 31. Januar 2006 auf die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme gerichtete Antrag sei unzulässig gewesen, da eine Untätigkeitsklage grundsätzlich nur auf die Bescheidung, nicht auch auf einen Bescheid bestimmten Inhalts gerichtet sein könne. Die im Übrigen zulässige Klage sei begründet gewesen, da ein zureichender Grund für die späte Bescheidung nicht ersichtlich gewesen sei. Dass der Kläger von seinem Recht, nach Erteilung des Bescheides mit neuem Antrag den Rechtsstreit fortzusetzen, keinen Gebrauch gemacht habe, sei nicht rechtsmissbräuchlich.

Gegen den am 02. August 2006 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 07. August 2006 Beschwerde eingelegt. Er macht weiter geltend, der Kläger habe die Beendigung des Verfahrens sachwidrig herbeigeführt. Der Kläger habe nach Zustellung des Widerspruchsbescheides mit “einem Atemzug„ Erledigung erklärt und erneut Klage erhoben.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

den Beschluss vom 07. Juni 2006 aufzuheben und den Antrag, ihm, dem Beklagten, außergerichtliche Kosten aufzuerlegen, abzuweisen.

Der Kl...

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