Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Kosten für Schuhmaterial i. H. v. 60,00 Euro. PKH-Beschwerde
Orientierungssatz
1. Die Beschwerde gegen die auf die fehlende Erfolgsaussicht des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens gestützte Ablehnung der Bewilligung von PKH ist unabhängig von der potentiellen Statthaftigkeit der Berufung in der Hauptsache zulässig.
2. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht zur Bewilligung von PKH reicht die reale Chance zum Obsiegen aus, nicht hingegen eine nur entfernte Erfolgschance.
3. Dies hängt wesentlich von dem Zeitpunkt ab, auf den für die Erfolgsaussicht abgestellt wird. Maßgeblich ist insoweit derjenige Zeitpunkt, in dem das Gesuch um PKH entscheidungsreif ist.
Tenor
Die sich gegen die Ablehnung des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung im Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. August 2008 richtende Beschwerde des Antragstellers (L 28 B 1966/08 AS ER) wird als unzulässig verworfen.
Soweit mit dem Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. August 2008 die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, wird der Beschluss aufgehoben (L 28 B 1978/08 AS PKH). Dem Antragsteller wird für das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Neuruppin Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwalt A B, Fstraße, P gewährt.
Kosten für die Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 26. August 2008 ist nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) als unzulässig zu verwerfen, soweit sie sich gegen die Ablehnung richtet, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Kosten für Schulmaterial für das Schuljahr 2008/2009 in Höhe von mindestens 60,00 € “zu erstatten und zu bevorschussen„. Die Beschwerde ist insoweit nicht statthaft.
Gemäß § 172 Absatz 3 Nr. 1 SGG in der seit dem 01. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 444) ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur noch statthaft, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Dies ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG nur dann der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € übersteigt oder wiederkehrende bzw. laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geltend gemacht werden. Beides ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall, auch wenn der Antragsteller den gewünschten Betrag auf “mindestens„ 60,00 € beziffert hat. Bereits der Ansatz dieser Mindestforderungshöhe, aber auch die beigefügte Aufstellung der benötigten Schulmaterialien belegt, dass es vorliegend nicht um die Gewährung von Leistungen in Höhe von mehr als 750,00 € ging. Dass die Beschwerde demgegenüber in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses für zulässig erklärt wird, entfaltet für den Senat keine Bindungswirkung.
Soweit sich die Beschwerde auf die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe bezieht (L 28 B 1978/08 AS PKH), ist sie hingegen statthaft. Aus dem Zusammenspiel der Ziffern 1 und 2 des § 172 Abs. 3 SGG folgt, dass in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zwar die Beschwerde ausgeschlossen ist, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, die Beschwerde gegen die auf die fehlende Erfolgsaussicht des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens gestützte Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe hingegen unabhängig von der potentiellen Statthaftigkeit der Berufung zulässig ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 172 Rn. 6h). Weiter ist die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe im Übrigen zulässig sowie begründet.
Das Sozialgericht Neuruppin hätte dem nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches Leistungen beziehenden und damit bedürftigen Antragsteller Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO gewähren müssen. Sein Rechtsschutzbegehren war nicht mutwillig und hatte hinreichende Erfolgsaussicht. Das angerufene Gericht beurteilt die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Sache treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance". Prozesskostenhilfe darf daher nur dann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Sache fern liegend ist (BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - zitiert nach juris, Rn. 26). Dies aber war hier nicht der Fall. Zwar g...