Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Folgen einer wegen gesetzlich eröffneter Berufungsmöglichkeit fehlerhaften Nichtzulassung der Berufung. nur für die Vergangenheit geltend gemachte Rentenleistungen sind wiederkehrende Leistungen. außergerichtliche Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

Nur für die Vergangenheit im Wege der Überprüfung nach § 44 SGB 10 geltend gemachte Rentenleistungen sind wiederkehrende Leistungen iSd § 144 Abs 1 S 2 SGG. Lehnt das Sozialgericht ausdrücklich im Falle zulassungsfreier Berufung die Zulassung der Berufung ab, ist diese Entscheidung auf Beschwerde aufzuheben. Die Rechtsfolge des § 145 Abs 5 SGG tritt jedoch nicht ein.

 

Orientierungssatz

Es ist keine gesetzliche Vorschrift ersichtlich, die es ermöglichen würde, im Falle unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht, entstandene außergerichtliche Kosten eines der Beteiligten einem anderen Beteiligten oder der Staatskasse aufzuerlegen.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs. 1 S. 2, § 145 Abs. 5; SGB X § 44

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. Mai 2011 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege der Überprüfung nach § 44 SGB X eine Neuberechnung der überführten Rente im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 20. Juli 2005, B 13 RJ 17/04 R, und höhere Rentenleistungen bei günstigerer Bewertung der Kindererziehung ohne Anrechnung auf den Auffüllbetrag auch für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2003.

Das Sozialgericht Neuruppin hat mit Urteil vom 11. Mai 2011 die Klage abgewiesen und eine Zulassung der Berufung abgelehnt. Die Beklagte habe die Neuberechnung und Nachzahlung für die Vergangenheit zu recht nur für vier Jahre festgesetzt. Dies ergebe sich aus § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X. Die Klägerin habe die zum 1. Mai 2008 vorgenommene Überprüfung am 23. Januar 2008 beantragt, woraufhin die Beklagte zu Recht die Nachzahlung für den Zeitraum beginnend ab dem 1. Januar 2004 vorgenommen habe. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 44 Abs 4 SGB X sehe die Kammer nach eigener Prüfung nicht. Ein höherer Nachzahlungsanspruch stehe der Klägerin auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu. Die Beklagte habe bereits eine Auskunfts- und Beratungspflicht nicht verletzt. Insbesondere habe kein Fall der Verpflichtung zu einer sogenannten Spontanberatung vorgelegen. Die gegebene Problematik der Verrechnung des sich aus der Höherbewertung von Kindererziehungszeiten ergebenden Betrages mit dem sogenannten Auffüllbetrag habe gerade keinen Fall dargestellt, in dem es für die Beklagte ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar gewesen sei, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Voraussetzungen für eine höhere Rente erfüllen würde.

Die Zulassung der Berufung komme nicht in Betracht, weil die Berufungssumme nicht erreicht werde und es auch nicht um eine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr gehe und Zulassungsgründe nicht vorlägen.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem der Klägerin am 21. Juni 2011 zugestellten Urteil wendet sich diese mit ihrer am 18. Juli 2011 eingelegten Beschwerde. Zu Unrecht gehe das Sozialgericht davon aus, dass die Berufungssumme nicht erreicht werde. Vielmehr habe das Sozialgericht den Betrag der Geldleistung nicht berechnet. Weil die Rentenanpassungen in den Jahren 2000 bis 2003 höher gewesen seien als in den folgenden Jahren, könne dem Sozialgericht nicht gefolgt werden. Die Klägerin selbst gehe von einem Betrag zwischen 700 und 800 EUR aus. Sie selbst könne den Betrag nicht berechnen, dies könne nur ein Rentensachverständiger.

Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, denn es seien ca 300.000 Mütter in Ostdeutschland betroffen. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Beantwortung der Frage, ob es Pflicht der Beklagten gewesen sei, unverzüglich nach der Grundsatzentscheidung des BSG sämtliche Rentnerinnen zu informieren, die von dem Grundsatzurteil betroffen gewesen seien, um ihnen die Möglichkeit zu geben, die ihnen zustehenden Rentenerhöhungen zu beantragen. Weiterhin sei die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob für den Fall dass die Beklagte dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, die Beklagte den betroffenen Rentnerinnen die ihnen dadurch entstandenen Schäden zu ersetzen habe.

Auf die Bedenken des Senats hinsichtlich der Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde hat die Klägerin anwaltlich ausgeführt, sie halte ihre Nichtzulassungsbeschwerde aufrecht. Es gehe um einen einmaligen Geldbetrag als Nachzahlung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2003 und nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen.

Die Beklagte hat eine Probeberechnung vorgenommen und einen Wert der Klageforderung für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2003 von 333,51 EUR erm...

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