Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Erwerbsminderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Auferlegung von Kosten gerichtlicher Ermittlungen auf die beklagte Verwaltungsbehörde kommt nur in Betracht, wenn sich der Behörde die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen, ausgehend von den gesetzlichen Bestimmungen und ihrer höchstrichterlichen Auslegung oder von einem vertretbaren Rechtsstandpunkt aus, erschließen musste.

2. Kosten gerichtlicher Ermittlungen können der beklagten Verwaltungsbehörde nicht auferlegt werden, wenn die gerichtlichen Ermittlungen die tatsächlichen Voraussetzungen des Klageanspruchs erst für eine Zeit nach Erlass des Widerspruchsbescheides und nach Klageerhebung bewiesen haben.

 

Normenkette

SGB VI § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 3, § 240 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. April 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1957 geborene Kläger erlernte von 1972 bis 1974 den Beruf des Zootechnikers, war aber nie in diesem Beruf tätig. Er arbeitete u. a. als Kraftfahrer/Kranfahrer, Forstarbeiter, Rezeptionist beim Hausmeisterservice, Plattenbauer sowie Kranfahrer. Zuletzt arbeitete er im Jahr 2002 für sechs Monate als Hausmeister, anschließend war er arbeitslos. Von Februar bis August 2006 war er im Rahmen einer ABM als Hofarbeiter beschäftigt. Er bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (ALG II). Bei ihm sind seit dem 13. März 2009 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 sowie das Merkzeichen “G„ - erhebliche Gehbehinderung - anerkannt (Bescheid vom 29. Juli 2009).

Am 18. November 2009 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und verwies zur Begründung auf Bandscheibenvorfälle, einen Herzinfarkt und eine Augenerkrankung. Die Beklagte holte einen Befundbericht von dem behandelnden Orthopäden Dipl.-Med. B ein und veranlasste darüber hinaus ein orthopädisches Gutachten. Unter dem 09. März 2010 stellte der Orthopäde Dipl.-Med. S fest, bei dem Kläger bestünden Wirbelsäulenbeschwerden lumbal bei Spondylolisthesis, ein Glaukom/Katarakt mit Operation links 08/2009 sowie ein Zustand nach stummem Herzinfarkt. Der Kläger sei zwar nicht mehr in der Lage, wenigstens drei Stunden täglich als Hofarbeiter zu arbeiten, er könne jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten unter Vermeidung von häufigem Bücken, Heben und Tragen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 17. März 2010 die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2010 zurückgewiesen. Abzustellen sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Zwar habe der Kläger einen Beruf erlernt, sich von diesem jedoch gelöst und anderen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zugewandt.

Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhoben und vorgetragen, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht hinreichend gewürdigt worden.

Das SG hat u. a. Befundberichte des Dipl.-Med. B vom 07. Oktober 2010 und der Fachärztin für Augenheilkunde Dr. L vom 27. Oktober 2010 eingeholt. Außerdem hat das SG die Berufsinformationskarte (BIK) zur Tätigkeit des Versandfertigmachers und ein berufskundliches Gutachten des Rehabilitationsberaters R vom 26. Mai 2008 zu den Verweisungstätigkeiten Versandfertigmacher sowie Pförtner in den Rechtsstreit eingeführt.

Anschließend hat es den Facharzt für Innere Medizin - Kardiologie - Spezielle internistische Intensivmedizin, Prof. Dr. Dr. S, mit der Erstellung eines Hauptgutachtens und die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Chirurgie Dr. T mit der Erstellung eines Zusatzgutachtens betraut.

Dr. T ist in ihrem am 31. Mai 2011 aufgrund einer am 12. Mai 2011 durchgeführten körperlichen Untersuchung erstellen Gutachten zu dem Schluss gelangt, bei dem Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen vor:

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Chronisches Lumbalsyndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen, leichter Skoliose und Spondylolisthesis L4/5 mit leichten Funktionsstörungen

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Retropatellararthrose beidseits mit rezidivierend leichten Funktionsstörungen

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Fersensporn ohne nennenswerte Funktionsstörungen

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Chronisch rezidivierendes Zervikalsyndrom, aktuell ohne nennenswerte Funktionsstörungen

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Implantation einer künstlichen Linse linkes Auge, Glaukom

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Periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium I, arterieller Hypertonus.

Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger täglich regelmäßig noch körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten (bis zu 10%) im Wechsel der Haltungsarten in geschlossenen Räumen sowie im Freien bei Vermeidung eines anhaltenden Einflusses von Hitze, Kälte, starken T...

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