Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB 2 bei bestehender Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten. Bedarfsgemeinschaft. Hilfebedürftigkeit. Neuregelung der Berücksichtigung von Stiefelterneinkommen
Orientierungssatz
1. Bei der Ermittlung der individuellen Leistungsansprüche nach dem SGB 2 für Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ist zunächst die Summe des Hilfebedarfs der die Bedarfsgemeinschaft bildenden Personen zu ermitteln. Dieser ist das Einkommen und Vermögen der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen. Der vom Leistungsträger des SGB 2 zu deckende Bedarf ist sodann den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft anteilig zuzuordnen.
2. Ist der Gesamtbedarf durch das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft gedeckt, ist ein Leistungsanspruch des einzelnen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ausgeschlossen.
3. Bei der Unterhaltsvermutung des § 9 Abs. 5 SGB 2 ist zu berücksichtigen, dass Leistungen von Verwandten und Verschwägerten in der Haushaltsgemeinschaft nur dann erwartet werden können, wenn diesen Angehörigen ein deutlich über den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts liegendes Lebensunterhalts verbleibt.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des 1983 geborenen, unverheirateten und vermögenslosen Antragstellers, der mit Wirkung ab dem 01. August 2006 über seine 1964 geborene Mutter bei der Bahn -BKK familienversichert ist ( § 10 Abs. 2 Nr. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫) und zusammen mit ihr und ihrem 1960 geborenen Ehemann, dem Stiefvater des Antragstellers, eine 60 m² große Wohnung im Obergeschoss einer Doppelhaushälfte mit einer Gesamtwohnfläche von 120 m² bewohnt, ist nicht begründet.
Der Antragsteller verfolgt seinen erstinstanzlich gestellten Antrag weiter, die Antragsgegnerin im Wege einer Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verpflichten, ihm ab dem 01. Dezember 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten der Unterkunft (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen. Zuvor hat die Antragsgegnerin wegen fehlender Hilfebedürftigkeit den Antrag vom 12. Dezember 2006 mit noch nicht bestandskräftigem Bescheid vom 10. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2007 abgelehnt, mit dem die Mutter des Antragstellers - sinngemäß zugleich für ihren Ehemann und den Antragsteller - die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II beantragt hatte.
Nicht mehr Gegenstand der Beschwerde ist der einstweilige Rechtsschutzantrag der Mutter des Antragstellers, da sie diesen zurückgenommen hat.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein Anordnungsanspruch - die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist - sowie der Anordnungsgrund - die Eilbedürftigkeit der sofortigen Regelung - sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz; im Beschwerdeverfahren kommt es hiernach auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an.
Soweit der Antragsteller die Gewährung von Arbeitslosengeld II für die im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats bereits abgelaufene Zeiträume begehrt, steht ihm schon deshalb kein Anordnungsgrund zur Seite, da derartige Ansprüche nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nur in einem Hauptsacheverfahren zu klären sind. Denn Aufgabe einstweiligen Rechtsschutzes der vorliegenden Art ist es, eine akute Notlage zu beseitigen, denn nur dann kann von einem wesentlichen Nachteil gesprochen werden, den es abzuwenden gilt und bei dem ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten wäre. Nur ausnahmsweise kann eine Fallgestaltung gegeben sein, in der die sofortige Verfügbarkeit von Geldleistungen für die Vergangenheit zur Abwendung eines gegenwärtigen drohenden Nachteils erforderlich ist. Ein solcher Nachholbedarf ist jedoch weder vom Antragsteller geltend gemacht worden, geschweige denn, dass ein solcher Nachholbedarf glaubhaft gemacht wäre.
Für die Zeiträume ab der Entscheidung des Senats (20. Dezember 2007) scheitert der Erlass der begehrten Regelungsanordnung daran, dass der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 7 SGB II zu gehören.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).
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