Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Terminsgebühr. Mehrvergleich. kein Gebührenanfall in einbezogenem Verfahren. Einigungsgebühr. gemeinsame Einigung in mehreren Verfahren. Entstehung einer Gebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in einem Gerichtstermin ein anderweitig rechtshängiger Anspruch in einen gerichtlichen Vergleich einbezogen (Mehrvergleich), entsteht eine - entsprechend erhöhte - Terminsgebühr grundsätzlich nur in dem Verfahren, in dem der Gerichtstermin stattfindet, nicht jedoch in dem einbezogenen Verfahren, es sei denn, der Gebührentatbestand ist ausnahmsweise auch in dem einbezogenen Verfahren verwirklicht.

Bei einer gemeinsamen Einigung in mehreren Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten entsteht eine Einigungsgebühr.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gebührenfreien Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt aus der Landeskasse eine höhere Rechtsanwaltsvergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Am 12. Juni 2013 stellte die Antragstellerin als Rechtsanwältin im Auftrag ihrer fünf Mandanten bei dem Sozialgericht Berlin mit einem sechsseitigen Schriftsatz unter Beifügung einer eidesstattlichen Versicherung und weiterer Unterlagen den Antrag, den zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeit im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Mandanten einmalige Leistungen für die Erstausstattung ihrer Wohnung zu bewilligen (S 8 AS 14426/13 ER). Am 13. Juni 2013 erhob die Antragstellerin mit einem im Wesentlichen gleichlautenden Schriftsatz auch eine entsprechende Klage (S 8 AS 14426/13). In beiden Verfahren wurde den Mandanten unter Beiordnung der Antragstellerin Prozesskostenhilfe gewährt. In dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erstellte die Antragstellerin vier weitere kurze Schriftsätze. In diesem Verfahren führte das Sozialgericht am 30. August 2013 in der Zeit von 10.30 Uhr bis 11.15 Uhr einen Erörterungstermin durch, in welchem es einen Vergleich protokollierte, mit dem auch das Verfahren S 8 AS 14426/13 für erledigt erklärt wurde.

Mit zwei Schreiben vom 24. September 2013 hat die Antragstellerin für die Verfahren S 8 AS 14426/13 ER und S 8 AS 14426/13 jeweils die folgenden Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis (VV RVG) geltend gemacht:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102 VV RVG

250,00 EUR

Gebührenerhöhung

Nr. 1008 VV RVG

300,00 EUR

Terminsgebühr

Nr. 3106 VV RVG

200,00 EUR

Einigungsgebühr

Nr. 1006 VV RVG

190,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale

Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

Zwischensumme

960,00 EUR

Umsatzsteuer

Nr. 7008 VV RVG

182,40 EUR

Gesamtbetrag

1.142,40 EUR

Die Urkundsbeamtin hat die Vergütung in dem Verfahren S 8 AS 14426/13 ER antragsgemäß bewilligt. In dem Verfahren S 8 AS 14426/13 hat sie die Vergütung mit einem Beschluss vom 19. Dezember 2013 folgendermaßen festgesetzt:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

80,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale

Nr. 7002 VV RVG

16,00 EUR

Zwischensumme

96,00 EUR

Umsatzsteuer

Nr. 7008 VV RVG

18,24 EUR

Gesamtbetrag

114,24 EUR

Zur Begründung hat sie angegeben, dass die Vergütung in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vollständig erbracht worden sei. Im Klageverfahren sei lediglich eine Klageschrift eingereicht worden, deren Wortlaut im Wesentlichen der Antragsschrift im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entspreche. Daher sei die Verfahrensgebühr nur im Umfang der Mindestgebühr festzusetzen, wobei die Gebührenerhöhung für vier weitere Auftraggeber durch die Kappungsgrenze von 200 Prozent begrenzt werde.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 21. Oktober 2014 Erinnerung eingelegt und beantragt, den Beschluss vom 19. Dezember 2013 zu ändern und die Vergütung auf 1.142,40 EUR festzusetzen. Der angefochtene Beschluss sei mangelhaft begründet. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit für die Mandanten seien nicht hinreichend gewichtet worden. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum die Post- und Telekommunikationspauschale gekürzt worden sei. Schließlich seien die Terminsgebühr und die Einigungsgebühr zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.

Das Sozialgericht hat der Erinnerung mit einem Beschluss vom 15. Dezember 2014 teilweise stattgegeben, indem es die Vergütung unter Änderung des Beschlusses vom 19. Dezember 2013 auf 125,66 EUR festgesetzt hat. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Hierbei ist es von der folgenden Gebührenaufstellung ausgegangen:

Verfahrensgebühr

Nr. 3102, 1008 VV RVG

88,00 EUR

Post- und Telekommunikationspauschale

Nr. 7002 VV RVG

17,60 EUR

Zwischensumme

105,60 EUR

Umsatzsteuer

Nr. 7008 VV RVG

20,06 EUR

Gesamtbetrag

125,66 EUR

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass hinsichtlich der Verfahrensgebühr nur die Mindestgebühr in Betracht komme, weil die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sehr gering gewesen sei. Denn der Inhalt der Klageschrift entspreche im ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?