Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Anspruch auf Zusicherung der Übernahme von Kosten für einen Umzug bei erheblichen Mietmängeln. Erledigung eines Rechtsstreits um die Zusicherung von Umzugskosten durch Vollzug des Umzugs
Orientierungssatz
1. Tritt bei einer Wohnung wiederholt Schimmelbefall auf und ist die Wohnung zudem schwer heizbar, so besteht ein Anspruch eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen den Grundsicherungsempfänger auf Erteilung einer Zusicherung für einen Wohnungswechsel, jedenfalls soweit zuvor Nachbesserungsversuche des Vermieters erfolglos geblieben sind.
2. Ein Verfahren auf Zusicherung der Kostenübernahme für einen Wohnungswechsel durch einen Grundsicherungsträger erledigt sich durch den Vollzug des Umzugs eines Grundsicherungsempfängers in eine neue Wohnung.
Tenor
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. März 2008, soweit sie sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe richtet, wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, die mit ihrer im Januar 2006 geborenen Tochter in einem gemeinsamen Haushalt lebt und für die der Antragsgegner jedenfalls bis zum 31. Mai 2008 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung erbracht hat, hat am 22. Februar 2008 beim Sozialgericht (SG) Berlin einen Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners gestellt, eine Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft in der Sstr., B nach § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu erteilen. Der Umzug sei erforderlich, weil die bisherige Wohnung in der Gstr., B (mit einer Größe von 67 qm und einer monatliche Miete inklusive kalter Betriebskosten in Höhe von 339 Euro) feucht und mit einer Ofenheizung, für die gesondert Heizkosten in Höhe von 75 Euro bis zu 90 Euro monatlich angefallen seien, schwer zu heizen sei. Es habe sich umfangreich Schimmel an Decken und Wänden gebildet, wie man aus den beigefügten Fotografien ersehen könne. Ihre Gesundheit und die Gesundheit ihrer Tochter seien dadurch gefährdet. Sie habe mehrfach versucht, durch den Vermieter Abhilfe zu erlangen. Die Maßnahmen des Vermieters hätten aber keinen Erfolg gezeigt, so dass sie die Wohnung zum 30. April 2008 gekündigt habe und die Anmietung der Wohnung in der Sstr., B (rund 70 qm, Gesamtmiete monatlich 375 Euro sowie einen voraussichtlichen Abschlag für eine Gasetagenheizung in Höhe von monatlich 55 Euro) beabsichtige.
Der Antragsgegner hat die Erteilung einer Zusicherung zur Angemessenheit der künftigen Kosten mit Bescheid vom 15. Februar 2008 abgelehnt mit der Begründung, dass die genannten Mängel von der Hausverwaltung zu beseitigen und also kein Grund für die Erforderlichkeit eines Umzuges seien. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 10. März 2008 (zugestellt am 13. März 2008) zurückgewiesen und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Mit ihrer Beschwerde vom 14. April 2008 (einem Montag) hat die Antragstellerin ihr Ziel zunächst weiterverfolgt, das Verfahren aber im Hinblick auf den zwischenzeitlich (Ende März) erfolgten Umzug für erledigt erklärt.
II.
Endet ein Verfahren, wie hier das einstweilige Rechtsschutzverfahren, ohne streitige Entscheidung, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] analog). Diese Entscheidung ist unter Berücksichtung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen, wobei ungeachtet der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzgesuchs angemessen zu berücksichtigen sind. Allerdings ist der Erfolgsgesichtspunkt nicht der allein entscheidende und es sind im Einzelfall als Korrektiv durchaus auch Veranlassungsgesichtspunkte (also Gründe für die Führung und die Erledigung des Rechtsstreits) zu berücksichtigen. An diesen Grundsätzen gemessen hat der Antragsgegner der Antragstellerin die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten.
Nach Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses hat sich das Verfahren durch den Umzug in die neue Wohnung erledigt, so dass die Antragstellerin zutreffend eine entsprechende Erklärung abgegeben hat. Nach einem Umzug besteht regelmäßig an der Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft kein schützenswertes Rechtsschutzinteresse mehr (vgl. für den Umzug in eine kostengünstigere Wohnung Urteil des Senats vom 28. Mai 2008 - L 26 AS 421/07 - sowie für den Umzug in eine kostenaufwändigere Wohnung, wenn sich der Hilfebedürftige nicht gegen die folgenden Bescheide wegen der Kosten der Unterkunft w...