Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Meldeaufforderung eines Grundsicherungsträgers. Feststellungsinteresse. Drohende Minderung des Arbeitslosengeldes II. Gerichtsbescheid. Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung
Orientierungssatz
Der für die Zulassung einer Berufung relevante Wert des Beschwerdegegenstands einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine Meldeaufforderung des Trägers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bestimmt sich an dem Betrag, der sich im Falle der Nichtbefolgung der Meldeaufforderung als drohende Minderung der bezogenen Grundsicherungsleistungen ergibt.
Normenkette
SGB II §§ 59, 32 Abs. 1 S. 1; SGB X § 39 Abs. 2; SGG § 131 Abs. 1 S. 3, § 144 Abs. 1 S. 1, § 158 Sätze 1-2; ZPO § 3; EMRK Art. 6 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung des Beklagten.
Der 1976 geborene Kläger stand im Jahr 2014 im Leistungsbezug des Beklagten nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Mit Schreiben vom 26. März 2014, mit dem der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Sanktion wegen dessen Nichterscheinens zu einem Meldetermin anhörte, lud er diesen zugleich zu einem Termin am 10. April 2014 ein (“Folgeeinladung„), um die “aktuelle berufliche Situation„ zu besprechen. Auf den Inhalt des Schreibens wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Auch zu diesem Termin erschien der Kläger nicht.
Die am 17. Dezember 2014 erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage hat das Sozialgericht (SG) Berlin als unzulässig abgewiesen, da ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür nicht ersichtlich sei. Eine Sanktion sei vorliegend nicht erfolgt. Im Übrigen hätte der Kläger gegen eine etwaige Sanktionsentscheidung gerichtlichen Rechtsschutz suchen können (Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2017).
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf seine Schriftsätze vom 26. Mai 2017 und 24. Juli 2017 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 23. Februar 2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Meldeaufforderung des Beklagten vom 26. März 2014 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Die Berufung ist nicht statthaft und war deshalb nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu verwerfen (§ 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl Senatsbeschluss vom 25. Juli 2017). Einer Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung stand nicht entgegen, dass sich die Berufung gegen einen Gerichtsbescheid richtet (vgl BSG, Beschluss vom 8. November 2005 - B 1 KR 76/05 B = SozR 4-1500 § 158 Nr 2). Denn der Kläger hat noch die durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Europäische Menschenrechtskonvention verbürgte Möglichkeit, beim SG einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG zu stellen (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage § 158 Rn 6 mwN; BSG, Beschluss vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 31/12 B = SozR 4-1500 § 105 Nr 3). Angesichts der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung des SG gilt insoweit auch nicht die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil eine Belehrung iSv § 66 Abs. 2 Satz 1 Halbs 2 Alt. 2 SGG, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei, auch dann vorliegt, wenn die Belehrung anstelle des statthaften Rechtsbehelfs (hier Nichtzulassungsbeschwerde) einen anderen fristgebundenen Rechtsbehelf (hier Berufung) nennt (vgl BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 4 RA 19/06 R = SozR 4-3250 § 14 Nr 3).
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt, aber nicht statthaft. Sie ist daher bereits unzulässig.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- € (Nr. 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,- € (Nr. 2) nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Die vorliegende Klage betrifft einen auf eine Dienstleistung gerichteten Verwaltungsakt.
Die Klage, die Gegenstand der Berufung ist, betrifft die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Folgeeinladung vom 26. März 2014. Mit dem Bescheid hatte der Beklag...