Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Mietschulden. unangemessen teuere Wohnung. einstweilige Anordnung. Erledigung des Begehrens. Unzumutbarkeit des Auszugs. Investitionen in Mietwohnung. Räumungsklage. Folgenabwägung. Prüfungsumfang des Gerichts im Eilverfahren. Anordnungsanspruch. Anordnungsgrund
Leitsatz (redaktionell)
Die Prüfung des Gerichts in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darf sich nicht in jedem Fall auf eine summarische Überprüfung beschränken. Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs soll vielmehr möglichst abschließend geprüft werden, um unterschiedliche Entscheidungen im Eil- und im Hauptsacheverfahren zu vermeiden. Dies gilt v.a. dann, wenn das Eilverfahren die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und einem Beteiligten eine endgültige Grundrechtsbeeinträchtigung droht.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 2 Sätze 2-3; ZPO § 920 Abs. 2, § 294; SGB II § 22 Abs. 1, 5
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2008 werden zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller, ein Ehepaar, begehren (noch) die einstweilige Übernahme von Mietschulden in Höhe von 2.247,73 Euro in monatlichen Raten zu jeweils 300,00 Euro ab April 2008.
Der früher selbständige Antragsteller ist seit 2004 ohne eigenes Einkommen; die Antragstellerin wurde zum Ende des Jahres 2006 arbeitslos und bezog im Jahr 2007 Arbeitslosengeld I. Wovon der Lebensunterhalt derzeit bestritten wird, ist unbekannt.
Seit November 2004 wohnen die Antragsteller in einer von der Antragstellerin angemieteten 123 m² großen 4,5-Zimmerwohnung, für die seit August 2006 ein Gesamtmietzins von 637,68 Euro zu zahlen ist (Im Einzelnen: Nettokaltmiete 478,96 Euro, Zuschlag für einen Lagerraum 20,00 Euro, Modernisierungszuschlag 2,22 Euro, Betriebskostenvorschuss 136,50 Euro). Außerdem sind für Gas monatlich 179,00 Euro zu entrichten. Seit dem 1. April 2005 ist ein 31 m² großer abgetrennter Teil der Wohnung für monatlich insgesamt 225,00 Euro an den Sohn der Antragsteller untervermietet.
Im Januar 2007 beantragte der Antragsteller Leistungen nach dem SGB II. Dabei gab er an, mit seiner Ehefrau in einer 92 m² großen 2-Zimmerwohnung zu wohnen, für die eine Nettomiete von 478,96 Euro zu zahlen sei. Im März 2007 wies der Antragsgegner ihn darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft unangemessen hoch seien und nur bis einschließlich Juni 2007 anerkannt und übernommen werden könnten. Unter den 13. Juni 2007 teilte der Antragsgegner mit, dass ab Juli 2007 kein Leistungsanspruch mehr bestehe. Mit Bescheid vom 28. Juni 2007 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 13. Juni 2007 auf und gewährte auch für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2007 monatlich 8,09 Euro für Kosten der Unterkunft.
Am 23. April 2007 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Mietrückständen in Höhe von 800 Euro. Unter dem 4. Juni 2007 erklärte er, der Rückstand sei auf mehr als zwei Monatsmieten angewachsen. Mit Bescheid vom 3. Juli 2007 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Mietschulden ab und führte zur Begründung aus, auch nach der Bitte um Übernahme derselben seien keine korrekten Zahlungen an die Vermieterin geleistet worden. Im Übrigen sei die Miete unangemessen hoch, so dass eine ordnungsgemäße Zahlung an die Vermieterin auch künftig nicht sichergestellt sei. Schließlich drohe auch keine Obdachlosigkeit, weil die Vermieterin noch keine Kündigung ausgesprochen habe.
Gegen die Bescheide vom 28. Juni und vom 3. Juli 2007 legte der nun anwaltlich vertretene Antragsteller Widerspruch ein und trug vor, der Antragsgegner habe das Einkommen der Antragstellerin fehlerhaft angerechnet und wohl auch deshalb nicht die vollen Kosten für Unterkunft und Heizung erstattet.
Am 16. August 2007 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel der Gewährung eines monatlichen Mietdarlehens in Höhe von 656,46 Euro seit dem 1. Januar 2007 nachgesucht und ausgeführt, der Rückstand habe sich bis zum 13. August 2007 auf 2.021,44 Euro erhöht. Zwar habe die Antragstellerin eine Kapitallebensversicherung. Diese diene aber der Altervorsorge und könne daher nicht zur Tilgung der Mietschulden und zur Deckung der laufenden Kosten eingesetzt werden. Ein Auszug aus der Wohnung sei ihnen nicht zuzumuten, denn sie hätten in den letzten Jahren etwa 15.000,00 Euro in sie investiert, die dann verloren seien. Außerdem werde der Antragsteller ab Oktober 2008 Altersrente beziehen, so dass eine regelmäßige Mietzahlung ebenso wie die Rückzahlung eines Darlehens dann gesichert seien. Die Vermieterin habe zwischenzeitlich fristlos gekündigt und Räumungsklage erhoben.
Mit Beschluss vom 14. Januar 2008 hat das Sozialgericht Berlin, das den Antragstellern Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen ...