Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. rechtskräftiger Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Gegenvorstellung. Anhörungsrüge. Gehörsverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederaufnahme und einer Gegenvorstellung gegen einen rechtskräftigen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren neben einer Anhörungsrüge.

2. Zur Prüfung einer Gehörsverletzung im Verfahren der Anhörungsrüge.

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 9 KR 412/15 B ER wird als unzulässig verworfen. Seine Anhörungsrüge und seine Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats vom 24. Februar 2016 werden zurückgewiesen.

Kosten des Antragstellers für diese Verfahren sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der Senat hat mit Beschluss vom 24. Februar 2016 die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2015 zurückgewiesen, mit dem das Sozialgericht es abgelehnt hatte, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihm die Kosten für bereits durchgeführte Doppelmembranfiltrationsapheresen in der I-Tagesklinik C zu erstatten bzw. die Kosten für noch entstehende Apheresen zu übernehmen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Antragstellers, mit dem er die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt; darüber hinaus wendet er sich mit der Anhörungsrüge und der Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats.

A. Der Antrag auf Wideraufnahme des Verfahrens gemäß § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 578 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist als unzulässig zu verwerfen. Nach § 179 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Unabhängig davon, ob der Antragsteller überhaupt Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Rahmen seines Antrags nach § 179 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 579 oder 580 ZPO schlüssig behauptet hat, handelt es sich bei der hier angegriffenen Entscheidung des Senats nicht um einen eine Instanz beendenden Beschluss im Sinne des § 179 SGG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.10.1983 - 2 WBW 1/83 - BVerwGE 76, 127 -; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2008 - L 16 B 55/08 KR ER -, juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Juli 2014 - L 11 KR 2851/14 WA -, juris). Entscheidungen über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG stellen keine rechtskräftige Beendigung des Verfahrens i.S.v. § 179 SGG dar und sind somit einer Wiederaufnahme nicht fähig. Für eine solche Wiederaufnahme fehlt es schon an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, das stets auch bei Wiederaufnahmeanträgen gegeben sein muss. Der Antragsteller hat jederzeit die Möglichkeit, bei veränderten Umständen erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung oder einen Abänderungsantrag in entsprechender Anwendung von § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG (beim Sozialgericht) zu stellen (vgl. hierzu eingehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01. Februar 2011 - L 9 KR 362/10 B ER -, juris); eines Wiederaufnahmeverfahrens bedarf es hierfür nicht.

B. Auch die vom Antragsteller erhobene Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg. Nach § 178 a Abs. 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr. 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr. 2). Eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Anhörungsrüge besteht gemäß § 178 a Abs. 2 Satz 5 SGG darin, dass der Rügeführer das Vorliegen der Voraussetzungen des § 178 a Abs. 1 Nr. 2 SGG schlüssig darlegt; erforderlich ist substantiierter Vortrag dazu, dass und warum das angerufene Gericht selbst den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör verletzt habe (Bundessozialgericht, Beschluss vom 7. April 2005, B 7a AL 38/05 B, SozR 4-1500 § 178 a Nr. 2; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, RdNr. 6 a und b zu § 178 a). Ob das Vorbingen des Antragstellers diesen Anforderungen genügt oder er sich mit seiner Anhörungsrüge trotz seines Hinweises auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Senat gegen die sachliche Richtigkeit des Senatsbeschlusses vom 24. Februar 2016 wendet, was für eine zulässige Gehörsrüge nicht ausreicht, bedarf keiner abschließenden Klärung. Denn es liegt kein Gehörsverstoß vor.

1.) Der in Art. 103 Abs. 1 GG und §§ 62, 128 Abs. 2 SGG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, sich mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten behaupten zu können. Diesem Recht entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. Verfassungsgerich...

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