Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Bestimmung des Streitwertes eines Beschwerdeverfahren nach Ermessen. Feststellungsbescheid über das Bestehen der Sozialversicherungspflicht für Beschäftigung eines Arbeitnehmers in der Gleitzone. Erbengemeinschaft als Arbeitgeber

 

Orientierungssatz

1. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, § 52 Abs. 1 GKG. Bei Streitigkeiten über die Versicherungspflicht zur Sozialversicherung entfaltet der Bescheid über deren Feststellung als Grundlagenbescheid Rechtswirkungen für die nachfolgend festzusetzenden Beiträge. Die voraussichtlich anfallenden Beiträge bestimmen mithin den Streitwert.

2. Eine Erbengemeinschaft kann als Arbeitgeber fungieren. Die Gesamthandsgemeinschaft der Erbengemeinschaft besitzt allerdings selbst keine Rechtsfähigkeit, so dass lediglich die einzelnen der Erbengemeinschaft angehörenden Miterben - allerdings nur - zur gesamten Hand Träger von Rechten und Pflichten sein können. Daraus folgt, dass Versicherungspflicht - anders als bei einer rechtsfähigen Gesellschaft Bürgerlichen Rechts nicht gegenüber dieser als solchen - (sondern) gegenüber den einzelnen der Erbengemeinschaft angehörenden Miterben zur gesamten Hand festzustellen ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 09. Juli 2009 geändert. Der Streitwert wird auf 715,32 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger gehört der Erbengemeinschaft M N und T N nach der Erblasserin Dr. L N an, die seit Januar 2004 Z D (Versicherte) bei einem gemeldeten durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelt von 284,79 Euro beschäftigte. Die Versicherte übte außerdem bei der D A B GmbH befristet vom 01. August 2008 bis 31. Januar 2009 eine Beschäftigung mit einem durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelt von 150 Euro aus.

Mit dem an den Kläger gerichteten Bescheid vom 20. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2009 stellte die Beklagte wegen der Beschäftigung der Versicherten Versicherungspflicht zur Sozialversicherung wegen Überschreitens der Entgeltgrenze von 400 Euro monatlich ab dem 23. Dezember 2008 fest.

Auf die dagegen am 08. April 2009 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gab die Beklagte das vom Kläger angenommene Anerkenntnis auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide ab.

Mit Beschluss vom 09. Juli 2009 hat das Sozialgericht den Streitwert auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gegen diesen ihr am 30. Juli 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18. August 2009 eingelegte Beschwerde der Beklagten.

Sie ist der Ansicht, der bisherige Sachstand biete ausreichende Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwertes nach Ermessen. Maßgebend seien die unter Berücksichtigung der Grundsätze der Berechnung im Rahmen der Gleitzone auf das anteilige Arbeitsentgelt zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge abzüglich der Pauschalabgaben für geringfügig entlohnte Beschäftigung aus dem Arbeitsentgelt bezogen auf einen Dreijahreszeitraum, woraus ein Streitwert in Höhe von 316,08 Euro resultiere.

Der Kläger meint, es seien keine Pauschalbeiträge abzuziehen, da diese von der beitragspflichtigen Erbengemeinschaft, jedoch nicht von ihm entrichtet worden seien. Außerdem seien auch die Beiträge im Zeitraum vor dem 23. Dezember 2008 und die im Falle der Verletzung der Meldepflicht drohende Geldbuße von bis zu 25.000 Euro zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

II.

Die nach § 68 Abs. 1 Sätze 1 und 3 i. V. m. § 63 Abs. 3 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

Der Senat entscheidet über diese Beschwerde in der Besetzung durch drei Berufsrichter. Zwar bestimmt § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG, dass über die Beschwerde das Gericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Diese Vorschrift ist allerdings auf solche Gerichte wie das Landessozialgericht, die eine generelle Entscheidung durch den Einzelrichter nach der jeweiligen Prozessordnung nicht kennen, nicht anwendbar (vgl. Landessozialgericht - LSG - für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. April 2008, L 16 B 5/07 R, zitiert nach juris, unter Hinweis auf Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 13. Januar 2005 V ZR 218/04 - und Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29. September 2005 - IV E 5/05 -, zitiert jeweils nach juris; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Februar 2006 - L 10 B 21/05 KA, abgedruckt in Sozialgerichtsbarkeit - SGb 2006, 475).

Der Streitwert ist auf 715,32 Euro festzusetzen.

Die Festsetzung des Streitwertes, die ...

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