Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung für die Gebühren des Rechtsanwalts. Streitwert. Gegenstandswert
Orientierungssatz
1. Bei der Festsetzung des Streitwerts führt eine Antragshäufung nach § 39 Abs. 1 GKG grundsätzlich zu einer Werteaddition. Betreffen die Anträge gebührenrechtlich denselben Streitgegenstand, so scheidet nach § 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG aber eine Zusammenrechnung aus.
2. Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest. Nach § 32 Abs. 1 RVG ist für die Festsetzung der Gebühren des Rechtsanwalts grundsätzlich der für die Gerichtsgebühren maßgebende gerichtlich festgesetzte Wert bestimmend. Sind Vergütungsansprüche nicht bezifferbar, so ist der Auffangstreitwert von 5000.- €. festzusetzen.
3. Eine Antragshäufung führt nach § 22 RVG grundsätzlich zu einer Werteaddition. Jedoch ist der allgemeine Rechtsgedanke des § 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG auch im Rahmen der Wertfestsetzung nach § 33 RVG zu berücksichtigen. Danach scheidet eine Zusammenrechnung aus, wenn die Anträge gebührenrechtlich denselben Gegenstand betreffen. In einem solchen Fall ist von einer wirtschaftlichen Identität auszugehen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Dezember 2017 zu Ziff. 3. geändert.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 9.695,00 Euro festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde, mit welcher der Klägerbevollmächtigte sowohl einen höheren Streitwert als auch Vergleichsmehrwert begehrt, ist zulässig und teilweise begründet.
1. Die gegen Ziff. 2 und Ziff. 3. des Beschlusses des Sozialgerichts über den Streitwert nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) und gegen die Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren nach § 33 Abs. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhobene Beschwerde ist zulässig.
Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt jeweils 200,00 Euro (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG, § 197a SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz - GKG). Wie der Klägerbevollmächtigte nachvollziehbar dargelegt hat, kann ein um 2 x 5.000,00 Euro höherer Streitwert oder Gegenstandswert (in Höhe von 14.695,00 Euro) zu einer Erhöhung seiner erstrebten Gebühren um bis zu 276,08 Euro führen (Gebührenberechnung im Schriftsatz vom 21. Dezember 2017). Auf die Frage, ob und inwieweit bei der Berechnung seines Gebührenanspruchs zu berücksichtigen sein wird, dass er in einer Vielzahl von vergleichbaren Verfahren tätig wurde, so dass erhebliche Synergieeffekte zu prüfen sein dürften, kommt es für den Beschwerdewert nicht an. Die Beschwerde ist fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Sozialgerichts (am 15. Dezember 2017) am 21. Dezember 2017 beim Sozialgericht erhoben.
2. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der Bevollmächtigte hat zwar keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren Streitwertes nach § 197a SGG i.V.m. §§ 52, 45 GKG (a.), aber auf Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes nach § 33 RVG unter zusätzlicher Berücksichtigung des einmaligen Auffangstreitwertes (b.).
a. Das Sozialgericht hat den Streitwert unter Ziff. 2. seines Beschlusses zutreffend auf 2.923,46 Euro festgesetzt. Dies entspricht der mit der Klage erhobenen Forderung. Der Hilfsantrag vom 29. August 2013 war nicht werterhöhend zu berücksichtigen. Zwar führt eine Antragshäufung nach § 39 Abs. 1 GKG grundsätzlich zu einer Werteaddition, allerdings scheidet nach § 45 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GKG eine Zusammenrechnung aus, wenn die Anträge gebührenrechtlich denselben Gegenstand betreffen, also von einer wirtschaftlichen Identität auszugehen ist. Das ist hier der Fall. Zwischen dem Gegenstand des Haupt- und eines Hilfsantrags bestand ein Eventualverhältnis, denn beiden hätte nicht gleichzeitig stattgegeben werden können. Die Verurteilung nach dem Hauptantrag auf Weiterzahlung des Qualitätszuschlags hätte notwendigerweise die Abweisung des Hilfsantrags nach sich gezogen, der nur für den Fall gestellt war, dass die Qualitätsvereinbarung wirksam zum 31. Januar 2008 gekündigt war. Nur für diesen Fall sollte die Beklagte mit dem Antrag verpflichtet werden, ihre Zustimmung zur Neufestsetzung durch eine Schiedsperson zu erteilen (zur Identität: LArbG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 5 Ta 126/18 -, Rn. 31, juris). Die wirtschaftliche Identität wird weder dadurch aufgehoben, dass u.U. in der Folge eines Schiedsspruchs auch ein im Ergebnis höherer Vergütungsanspruch geltend gemacht werden könnte noch ein Schiedsspruch ggf. auch rückwirkend Vergütungsansprüche für die Zeit nach Kündigung einer Qualitätsvereinbarung erfassen könnte.
Der Streitwert erfasst auch nicht den Wert des Vergleichs, der zur Beendigung des Klageverfahrens führte. Der für die Gerichtskosten maßgebliche Streitwert bestimmt sich nur bei gerichtlichen Vergleichen nach dessen Inhalt, nicht aber bei außergerichtlichen Vergleic...