Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenteilung nach erledigter Untätigkeitsklage unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips, Kostenanerkenntnis. Widerruf. Kostenteilung. Ruhen des Widerspruchsverfahrens. Untätigkeitsklage
Orientierungssatz
1. Endet ein Gerichtsverfahren nicht durch Urteil, so entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss darüber, ob und in welchem Umfang Kosten zu erstatten sind. Bei einer nach Ablauf der in § 88 SGG geregelten Fristen erhobenen Untätigkeitsklage fallen dem Beklagten die Kosten in der Regel nur dann zur Last, wenn der Kläger mit einer Bescheiderteilung vor Klageerhebung rechnen durfte. In diesem Zusammenhang kann der Kooperation der Beteiligten im Vorfeld der Untätigkeitsklage entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen.
2. War es dem Kläger unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles vor Erhebung der Untätigkeitsklage zuzumuten, beim Beklagten eine Entscheidung über seinen Widerspruch anzumahnen und hatte der Beklagte einen zureichenden Grund für seine Untätigkeit und war dies dem Kläger auch bekannt, so erscheint eine Kostenteilung unter dem Gesichtspunkt der Veranlassung als angemessen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2007 abgeändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Klageverfahren zur Hälfte zu erstatten.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren zur Hälfte.
Gründe
I.
Der Kläger hatte gegen den seine Regelaltersrente neu feststellenden Bescheid der Beklagten nach § 307 b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vom 08. März 1996 (Neuberechnung nach Kontenklärung mit Wirkung ab dem 01. Juli 1990) am 29. März 1996 vorsorglich Widerspruch erhoben (Eingang bei der Beklagten am 01. April 1996), um sich einen Anspruch auf Neuberechnung wegen der Anwendung besonderer Beitragsbemessungsgrenzen für Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Nationalen Volksarmee (NVA) zu erhalten. Auf diesbezüglichen Vorschlag der Beklagten (Schreiben vom 30. Mai 1996) erklärte der Kläger sich am 12. Juni 1996 damit einverstanden, das Widerspruchsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Überprüfungsverfahrens hinsichtlich des Überführungsbescheides des Zusatzversorgungsträgers ruhen zu lassen. Dieser erteilte dem Kläger am 16. April 1997 einen geänderten Überführungsbescheid. Daraufhin teilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 28. Mai 1997 mit, sie sehe den Widerspruch vom 29. März 1996 unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 30. Mai 1996 als erledigt an und werde auf der Grundlage des Überführungsbescheides die Rente neu berechnen. Nach erfolgten Rentenneufeststellungen (Bescheide vom 21. Oktober 1999 und 21. September 2001) erließ die Beklagte unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Juni 2004 (1 BvL 3/98) am 29. Dezember 2005 einen Neufeststellungsbescheid nur für Rentenbezugszeiten ab dem 01. Juli 2004 wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft der Bescheide des Zusatzversorgungsträgers. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und nach dessen Zurückweisung durch Widerspruchsbescheid vom 21. März 2006 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (Aktenzeichen S 28 R 1846/06).
Am 01. August 2006 erhob der Kläger die vorliegende Untätigkeitsklage, mit der er die Bescheidung seines Widerspruchs vom 29. März 1996 begehrte. Die Beklagte stellte nunmehr mit Bescheid vom 06. September 2006 die Rente unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG vom 23. Juni 2004 (1 BvL 3/98) und bezüglich der Neufassung des § 6 Abs. 2 und 3 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) rückwirkend für die Zeit ab dem 01. Juli 1993 neu fest, da der Bescheid vom 08. März 1996 wegen des erhobenen und noch nicht erledigten Widerspruchs nicht bestandskräftig geworden sei. In ihrem Schreiben vom 02. Oktober 2006 (bei dem SG eingegangen am 05. Oktober 2006) erklärte sie, dass der Bescheid Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden sei, weiterhin, dass die notwendigen außergerichtlichen Kosten auf Antrag voll erstattet würden und dass der Rechtsstreit bei Annahme des Anerkenntnisses in der Hauptsache nach § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt sei.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 wies der Kläger darauf hin, dass es sich vorliegend um eine Untätigkeitsklage handele und der Bescheid vom 06. September 2006 Gegenstand des Klageverfahrens S 28 R 1846/06 geworden sei. Nach wie vor bedürfe es einer Bescheidung des Widerspruchs vom 29. März 1996. Für den Fall der Erteilung des Widerspruchsbescheids stellte er in Aussicht, das vorliegende Klageverfahren für erledigt zu erklären.
Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Dezember 2006, da noch der Widerspruchsbescheid zu erlassen sei, sei ihr Anerkenntnis hinsichtlich der Kosten als gegenstandslos anzusehen, eine Aussage zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten werde sie dann am Ende...