Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Familienunternehmen. Gewährung von Darlehen bzw Sicherheiten unter Ehegatten

 

Orientierungssatz

1. Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl BSG vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 = BB 1989, 72 und vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R = USK 9975).

2. Die Gewährung von Darlehen bzw Sicherheiten unter Familienangehörigen ist mit der Gewährung eines Darlehens oder einer Sicherheit durch einen fremden Arbeitnehmer nicht zu vergleichen, der nicht Angehöriger des Unternehmensinhabers ist; Familienmitglieder haben in der Regel ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt (vgl LSG Stuttgart vom 23.2.2010 - L 11 KR 2460/09).

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die 1968 geborene Beigeladene zu 1) verfügt über einen Abschluss als Facharbeiterin für chemische Produktion sowie Weiterbildungen im Fitness- und Freizeitbereich. Sie war zunächst für drei Jahre als Verkäuferin beschäftigt und ab März 1995 im Fitnessstudio R in Z. Arbeitsvertraglich vereinbart war für ihre Beschäftigung als Thekenkraft für 18 Stunden pro Woche ein Entgelt von 800,00 DM. Nach einer Unterbrechung wegen Erziehungsurlaubs nahm sie 1998 ihre Tätigkeit in dem zwischenzeitlich von ihrem Ehemann, dem Beigeladenen zu 2), und Herrn R in der Rechtsform einer GbR betriebenen Fitnessstudio wieder auf. Sie schloss mit diesen mit Wirkung vom 01. Oktober 1998 einen Arbeitsvertrag über ihre Anstellung als leitende Angestellte für 30 Stunden pro Woche zu einem Entgelt von 800,00 DM. Im Februar 2002 nahm die Beigeladene zu 1) als Gesamtschuldnerin mit ihrem Ehemann ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen über 77.000,00 Euro auf.

Nach arbeitgeberseitiger Kündigung im Oktober 2002 bezog die Beigeladene zu 1) für ein Jahr Arbeitslosengeld, bevor sie erneut in dem vom Beigeladenen zu 2) nunmehr seit Anfang des Jahres 2003 als Einzelunternehmen geführten Betrieb zu arbeiten begann. Sie schloss am 08. September 2003 mit dem “Fitnessclub Reinen schriftlichen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als leitende Angestellte und als Fitnesstrainerin sowie am 14. September 2003 einen weiteren mit dem “Fitneßstudio Z, Inh. H. K. für eine Tätigkeit als Fitnesstrainerin jeweils mit Wirkung zum 15. September 2003 für 30 Stunden/Woche exklusive Pausen zu einem Bruttogehalt von 800,00 Euro. Vertraglich geregelt ist u.a., dass die Arbeitszeit arbeitgeberseitig einseitig verlängert werden kann und pünktlich einzuhalten sei, vorhersehbare Arbeitsversäumnisse der Einwilligung des Arbeitgebers, Änderungen, Zusatzvereinbarungen der Schriftform bedürfen würden.

Die Beigeladene zu 1) war ab 01. April 2004 bei der Beklagten versichertes Mitglied. Im November 2005 beantragte sie, vertreten durch eine Lebensversicherungs-AG die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ihrer Tätigkeit im Fitnessstudio R. Im Anschreiben heißt es u.a., sie sei als Service- und Thekenkraft in der Firma ihres Ehemannes tätig und befugt, diesen in allen Belangen zu vertreten. Sie unterliege weder bei der strategischen Planung noch im alltäglichen Geschäftsgeschehen dessen Weisungen.

Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab sie u.a. an, sie sei seit März 2005 bis laufend für Service und Theke an 46 Stunden/Woche bei einer Arbeitszeit nach Belieben zu einem festen Entgelt von 900,00 Euro brutto tätig. Bejaht wurden die Fragen nach der Beschäftigung einer anderen Arbeitskraft ohne ihre Mitarbeit, der freien Bestimmung und Gestaltung der Tätigkeit, der Mitwirkung an der Führung des Betriebes und dem gleichberechtigten Nebeneinander zum Betriebsinhaber. Es bestehe Anspruch auf Urlaubsgeld und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Sie habe für den Betrieb/Betriebsinhaber Bürgschaften/Sicherheiten in Höhe von 77.000,00 Euro übernommen.

Mit Bescheid vom 25. November 2...

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