Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einer Krankenschwester
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist eine Krankenschwester in den Pflegebetrieb ihres Auftraggebers eingegliedert, ist sie an dessen Dienstplan gebunden, erfolgt die Vergütung nach einem vereinbarten Stundensatz und entsprechend dem Zeitaufwand, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, die diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Streitig ist das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.
Die 1959 geborene Beigeladene zu 1) ist ausgebildete Krankenschwester. Sie legte der Beklagten im Oktober 2013 mehrere Verträge über eine Tätigkeit als freiberufliche Pflegekraft vor und beantragte die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Durch Bescheid vom 17. Februar 2014 entschied die Beklagte, dass das Statusfeststellungsverfahren nicht durchgeführt werde, da es an Angaben fehle, insbesondere hinsichtlich der Identität der Auftraggeber.
Am 21. Februar 2014 stellte die Beigeladene zu 1) erneut einen Antrag auf Feststellung ihres Status als selbständige Pflegekraft. Sie legte u.a. einen mit der Klägerin geschlossenen “Dienstleistungs-Vertrag„ vor, wonach sie als freie Mitarbeiterin im ambulanten Pflegedienst in der Zeit vom 1. November 2012 bis zum 7. November 2012, vom 12. November 2012 bis zum 21. November 2012 und vom 26. November 2012 bis zum 8. Dezember 2012 für einen Stundenlohn von 29,- € (werktags) bis 35,- € (feiertags) tätig werden sollte. Die Beigeladene zu 1) sei von der privaten Personalvermittlung und Arbeitsvermittlung K S an die Klägerin vermittelt worden. Die Tätigkeit sei tatsächlich vom 1. November 2012 bis zum 7. November 2012, vom 12. November 2012 bis zum 21. November 2012 und vom 26. November 2012 bis zum 2. Dezember 2012 verrichtet worden.
Durch Bescheid vom 5. August 2014 entschied die Beklagte nach Anhörung, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1. November 2012 bis zum 21. November 2012 und vom 26. November 2012 bis zum 2. Dezember 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Es bestehe seit dem 1. November 2012 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für eine abhängige Beschäftigung sei anzuführen, dass der Beigeladenen zu 1) bei der Ausführung ihrer Tätigkeit kein Handlungsspielraum verblieben sei, dass Pflegevorschriften des Auftraggebers beachtet werden mussten, dass eine Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden täglich vereinbart worden sei, dass der Ort der Tätigkeit vorgegeben worden sei, ein Stundennachweis geführt werden musste, ein pauschales Stundenhonorar gezahlt wurde, die Beigeladene zu 1) nicht selbst mit Patienten und Krankenkassen abrechnete, die fachliche Verantwortung bei dem Auftraggeber geblieben sei, weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel eingesetzt worden seien und auch selbst keine Arbeitnehmer beschäftigt wurden, die Tätigkeit in Zusammenarbeit mit den Pflegebedürftigen und anderen Mitarbeitern des Auftraggebers verrichtet wurde, eine Dokumentationspflicht bestanden habe und die Beigeladene zu 1) eingesetzt worden sei, um vertragliche Verpflichtungen des Auftraggebers zu erfüllen. Dagegen spreche für eine selbständige Tätigkeit nur, dass die Beigeladene zu 1) für mehrere Auftraggeber tätig sein konnte, an der Preisgestaltung beteiligt war, Aufträge ablehnen konnte und eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Danach würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.
Die Klägerin legte Widerspruch ein. Die Beigeladene zu 1) habe bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gerade keinem Weisungsrecht unterlegen. Sie sei auch frei in der Aufnahme und Beendigung ihrer Tätigkeit gewesen. Die Beklagte verwechsele den Betriebszweck mit der Betriebsorganisation. Die Einbindung der Beigeladenen zu 1) in Ort und Zeit sei allein auf die mit der Tätigkeit einhergehenden sachlichen Notwendigkeiten zurückzuführen. Aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ergebe sich aber die grundsätzliche Möglichkeit, als Pflegeperson selbständig tätig zu sein. Die Beigeladene zu 1) sei durch i...