Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung des als Betreuer bestellten Rechtsanwalts
Orientierungssatz
Im Prozesskostenhilfeverfahren kann der als Betreuer bestelle Rechtsanwalt beigeordnet werden (vgl LSG Celle vom 26.8.1994 - L 4 S (Kr) 110/94 = Breith 1995, 804).
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2006 aufgehoben.
Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Betreuerin bewilligt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist begründet.
Die Klägerin hat für das erstinstanzliche Verfahren einen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Betreuerin (vgl. §§ 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V. mit den §§ 114 f. Zivilprozessordnung - ZPO -). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der - bedürftigen - Klägerin hat zumindest teilweise hinreichende Erfolgsaussichten; die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist erforderlich (vgl. § 121 Abs. 2 ZPO).
Die Klägerin kann nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aus ihrem Vermögen aufbringen (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. mit § 115 Abs. 2 ZPO). Zwar hat sie einen Anspruch gegen ihre Betreuerin auf Rechtsfürsorge nach Maßgabe von § 1901 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im Rahmen des der Betreuerin übertragenen Aufgabenkreises, der auch die Vermögenssorge umfasst. Hierzu gehören auch berufsbezogene Dienste der Betreuerin in Gestalt originär anwaltlicher Dienstleistungen. Dieser Anspruch lässt aber, anders als bspw. bei einem satzungsmäßigen kostenlosen Anspruch auf Rechtsschutz durch eine Gewerkschaft oder einen Verband (vgl. hierzu: BSG, Beschluss vom 12. März 1996 - 9 RV 24/94 = SozR 3-1500 § 73a Nr. 4), die Vergütungspflicht des Betreuten bzw. - bei dessen Mittellosigkeit - der Staatskasse nach § 1908i Abs. 1 BGB i.V. mit § 1835 Abs. 4 BGB unberührt. Die Beiordnung einer als Betreuerin bestellten Rechtsanwältin ist daher nicht ausgeschlossen (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26. August 1994 - L 4 S (Kr) 110/94 = Breith 1995 S. 804; Hessisches LSG, Beschluss vom 4. April 1997 - L13 B 85/86 = Breith 1997 S. 62; Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 73a Rz. 9c). Aus der vom SG in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 1979 (- 7 ER 400/79 = NJW 1979, 2117) folgt keine andere Beurteilung, weil diese die Bestellung eines weiteren Rechtsanwalts neben dem als Pfleger bestellten Rechtsanwalt betraf. Dies ist vorliegend jedoch ersichtlich nicht der Fall.
Die Klage hat bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfung hinsichtlich des geltend gemachten Leistungszeitraumes auch zumindest teilweise, d.h. für die Zeit ab 2. Mai 2005, hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zwar ist ein formloser Antrag der Klägerin auf Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bereits vom 5. März 2005 nicht aktenkundig. Der vorliegende Formularantrag weist aber, vervollständigt durch einen Mitarbeiter der Beklagten bzw. der Bundesagentur für Arbeit, als Antragsdatum den 2. Mai 2005 auf. Jedenfalls von diesem Tag an sind daher die der Klägerin erst für die Zeit ab dem 20. Mai 2005 bewilligten SGB II-Leistungen zu gewähren (vgl. § 37 Abs. 2 SGB II).
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts bzw. einer Rechtsanwältin ist erforderlich, weil sich auch ein bemittelter Kläger bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage und der sich hieraus gegebenenfalls ergebenden Notwendigkeit einer Beweiserhebung über den tatsächlichen Zeitpunkt des Antragseingangs vernünftigerweise eines Rechtsanwalts bedient hätte (vgl. hierzu BVerfG NJW 1997, 2103).
Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Fundstellen
FamRZ 2007, 488 |
BtMan 2007, 38 |